Junge Gründer:

Warum ihr den Schritt ins Unternehmertum wagen solltet

13/11/2018
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„Jeder Mensch sollte wenigstens einmal im Leben das Risiko eingehen und versuchen, etwas zu gründen“, sagt Max Kordek. Der heute 26-Jährige junge Gründer hatte Anfang 2016 mit dem ICO für Lisk für Furore gesorgt. Innerhalb eines Monats wurden 14.000 Bitcoin eingesammelt, schon damals umgerechnet 5,2 Millionen Euro. Natürlich wusste Max nicht, dass seine Idee so viel Anklang finden würde, aber: „Ich wollte versuchen, etwas aufzubauen, hinter dem ich mit voller Passion stehe und einen echten Impact auf die Welt haben kann.“

Rubin Lind ging es ähnlich. Noch während seiner Schulzeit bewarb sich der junge Gründer mit seiner Idee für eine App, mit der Lernen Spaß machen kann, beim Schülerwettbewerb Startup Teens – „ohne vorbereiteten Pitch oder richtige Präsentation“, erinnert er sich. Es reichte dann auch nicht für den erhofften Geldpreis, dafür habe er viel durch den Austausch mit anderen gelernt. Mittlerweile ist der heute 19-Jährige zum Gründer des Jahres 2018 gekürt worden, leitet ein kleines Team, wird als Speaker und Berater angefragt und hat für Skills4School eine sechsstellige Investitionssumme gesichert.

Junge Gründer lernen mehr fürs Leben

Studium? Vielleicht mal später. Mittlerweile hätten sich sogar seine Eltern damit abgefunden. Zu ihrem Trost: Die Ansicht, dass junge Gründer tatsächlich mehr für Leben und Karriere lernen, als ihnen im Studium jemals angeboten wird, ist mittlerweile weit verbreitet. „Wenn ich mein Wirtschaftsstudium mit dem vergleiche, was ich heute mache, war das ziemlich realitätsfern“, meint Maxim Nitsche, der nach dem Exit von Math42 an Chegg in der Geschäftsführung dort tätig ist. Weder er noch sein Bruder bereuen es, für Math42 das Studium geschmissen zu haben.

„Direkt nach der Schule zu studieren, ist schon eine deutsche Obsession“
Maxim Nitsche, Math42

„Direkt nach der Schule zu studieren, ist schon eine deutsche Obsession“, meint Maxim. „Wir haben einfach was Interessantes gemacht – und wir haben Spaß dabei.“ Junge Gründer lernen mehr fürs Leben Vielleicht liegt es ja daran, dass sie mit Chegg neue, digitale Lehr- und Lernmöglichkeiten entwickeln, dass die beiden Brüder nicht an das Standardmodell des deutschen Bildungssystems als Erfolgsgarant für die spätere Karriere glauben.

„Ich habe Programmieren nicht an der Uni gelernt, sondern online Sachen nachgeschaut, selbst ausprobiert. Ob ich gut bin oder nicht, das hat nichts damit zu tun, ob ich studiere oder nicht. Ehrlich gesagt, wenn ich nach Leuten für unser Team suche, ist ein Studium nicht das Hauptkriterium“, erklärt Raphael Nitsche.

„In der Schule lernst du Boxen auswendig. Im Unternehmertum musst du schauen, wie du aus der Box rauskommst“
Cornelia Röper, Gründerin von WeFugees

Cornelia Röper, die auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle mit ihrer Online-Plattform Wefugees eine Skalierung der viel zu geringen Anzahl an Beratern ermöglichte, kann dem nur zustimmen: „Gründergeist und unternehmerisches Denken, das wird leider gar nicht an den Schulen gelehrt, sondern genau das Gegenteil:

In der Schule lernst du Boxen auswendig. Im Unternehmertum musst du schauen, wie du aus der Box rauskommst – und echte Lösungen findest.“
Eine Ansicht, die von den Ergebnissen des Global Entrepreneurship Monitors 2017/18 bestätigt wird. Im Vergleich zu anderen Ländern werden die schulische und außerschulische Grundausbildung sowie die gesellschaftlichen Werte und Normen in Deutschland von den Experten als sehr negativ für die Förderung von Unternehmertum und Gründergeist bewertet. 64 Prozent der Lehrer an weiterführenden Schulen in Deutschland raten laut Bitkom Research ihren Schülern von einer Gründung ab.

Bundesregierung unterstützt Förderprogramme

Dabei braucht Deutschland junge Gründer. Die Bundesregierung unterstützt zahlreiche Förderprogramme; Mentoring- und Netzwerkangebote an den Universitäten werden ausgebaut. Alleine 2018 wurden in Deutschland 170 Wettbewerbe für Startups ausgeschrieben (siehe Gründerwettbewerbe: Anlaufstellen für junge Gründer).

„Von Beginn an netzwerken, denn auch vom gegenseitigen Austausch lebt man als Startup-Unternehmer“
Maria Driesel, Inveox

„Es gibt wirklich ein breites Angebot, aber es ist nicht so einfach, das richtige zu finden“, meint Maria Driesel, die mit Inveox einen spannenden Beitrag für das Pathologielabor der Zukunft entwickelt. Wichtigster Tipp der 28-Jährigen an alle, die sich fürs Gründen interessieren: „Von Beginn an netzwerken, denn auch vom gegenseitigen Austausch lebt man als Startup-Unternehmer.“

„Es gibt einfach keine bessere Ausbildung, als zu gründen“
Henriette Schmidt, Mitgründerin von Wefugees

Und dann natürlich auch, den Schritt zu wagen: „Es gibt einfach keine bessere Ausbildung, als zu gründen“, schwärmt Henriette Schmidt, Mitgründerin von Wefugees. „Wenn du merkst, dass du einfach eine Idee haben und diese umsetzen kannst, das macht wirklich viel mit dir.“ Natürlich würde sie wieder gründen, wie eigentlich alle, die es schon mal versucht haben – übrigens völlig unabhängig davon, ob die erste Gründung erfolgreich war oder nicht.

Jeder zweite Student möchte Beamter werden

„Auch Scheitern ist wichtig“, erklärt Alexander Osterwalder. Denn ohne Scheitern gäbe es keine Innovationen. Basierend auf dieser Einsicht etabliert der Gründer von Strategyzer und Entwickler des Business-Modells Canvas Innovation und Wandel in großen Unternehmen. Tatsächlich geht es auch hier sehr viel darum, die Angst vor Fehlschlägen zu nehmen. Denn Scheitern werde immer noch als Makel gesehen.

Und im sicherheitsverliebten Deutschland gilt deshalb die Devise: „Mach´ erst mal was Vernünftiges.“ Wenig überraschend scheinen daher die Ergebnisse einer Umfrage des Personaldienstleisters Univativ: Jeder zweite deutsche Student würde demnach eine Verbeamtung begrüßen.

„Jeder, der nicht gründet, verpasst etwas“
Benjamin Bliski, Gründer und CEO Naga-Group

„Die Leute haben Angst davor, etwas zu riskieren. Aber was habe ich denn tatsächlich zu verlieren?“, fragt Rubin Lind. „Das Horrorszenario wäre, wenn ich in weniger als zwölf Monaten insolvent ginge. Dann muss ich zwar ein Insolvenzverfahren anmelden und habe zwei Jahre an Ausbildungszeit verloren, dafür aber ein großes Netzwerk aufgebaut und praktische Erfahrung. Man hat nichts zu verlieren. Viele machen sich das zu wenig bewusst. Da muss ein Umdenken stattfinden“, sagt der junge Gründer.

2.230 Schüler beim Gründer-Wettbewerb

„Unternehmerisches Denken und Handeln haben noch niemandem geschadet“, meint Susanne Maack von Startup Teens. Die seit drei Jahren bestehende Nonprofit-Organisation aus Hamm unterstützt Teenager mit Online-Trainings, einem Mentoring-Programm und einem jährlichen Businessplan-Wettbewerb dabei, ihre Idee umzusetzen. Die Hemmschwelle ist niedrig – und hat in diesem Jahr 2.230 Schülerinnen und Schüler zwischen 14 und 19 dazu bewogen, ihre Ideen für den mit sieben Mal 10.000 Euro dotierten Wettbewerb einzureichen.

„Auch Arbeitgeber suchen heute nach Mitarbeitern, die die unternehmerischen Ziele des Konzerns im Auge behalten und selbst mitdenken“
Susanne Maack, Startup Teens

Zu den Siegern gehörte eine Lern-App, die Schüler mit älteren Menschen vernetzt, individuell zusammenstellbare Superfood-Produkte oder eine App, die erblindenden Menschen dabei hilft, das Braille-Alphabet zu lernen. „Natürlich ist nicht jeder zum Unternehmer und Gründer geboren“, meint Susanne, aber sich „damit zu beschäftigen, ist für jeden ein Gewinn. Denn auch Arbeitgeber suchen heute nach Mitarbeitern, die die unternehmerischen Ziele des Konzerns im Auge behalten und selbst mitdenken.“

„Niemand wird dir böse sein, wenn du in den Zwanzigern zwei, drei Jahre verlierst, weil du ein Unternehmen an die Wand fährst“, sagt Naga-Gründer Benjamin Bliski. „Es ist doch letztlich egal, ob du mit 35 oder mit 38 Juniorpartner in einer Beratung oder Investmentbank wirst, aber genau diese zwei, drei Jahre kannst du nutzen, um zu sehen, ob deine Unternehmensidee funktioniert. Wir leben in einer Zeit, in der es so viele Möglichkeiten für Startups und junge Entrepreneure gibt. Alle, die es nicht versuchen, verpassen etwas.“