50 Startups, die den Handel revolutionieren. Teil 7:

Point of Sale

10/11/2017
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Zehn Jahre ist es her, dass Apple mit dem iPhone das moderne Leben revolutionierte. Doch viele stationäre Händler hatten damals noch nicht einmal „dieses Internet“ verdaut. Und manche schwanken noch heute zwischen Skepsis und Überforderung. Digitalisierung betrifft natürlich auch den stationären Handel, die Grenzen zwischen stationär und online verschwimmen, der Kunde ist nicht mehr nur König, sondern muss vom Händler jeden Tag aufs Neue gehegt und gepflegt werden, und zwar auf allen Kanälen. Wir stellen in acht Teilen 50 junge Unternehmen aus der gesamten Wertschöpfungskette vor, die das Potenzial haben, den Handel langfristig zu verändern. Im siebten Teil: Der Point of Sale.


Barzahlen: Online Bar zahlen

Die Köpfe hinter dem Fintech: Gründer Achim Bönsch und Sebastian Seifert (Bild: Barzahlen)

Den Online-Einkauf an der Supermarktkasse bezahlen? Die Stromrechnung in der Drogerie begleichen? Mit Barzahlen ist das möglich. Das Berliner Startup digitalisiert Bargeldzahlungen für Unternehmen und bietet bargeldaffinen Privatkunden die Möglichkeit, ohne Angabe sensibler Finanzdaten online zu shoppen oder Reisen zu buchen und die Rechnungen offline in bar zu begleichen.

Großes Partnernetzwerk

Mit rund 10.000 Filialen hat Barzahlen Deutschlands größte private Zahlungsinfrastruktur aufgebaut. Zum Partnernetzwerk gehören die Supermärkte Rewe, Real und Penny, die Drogerien DM und Budni sowie Shops von Mobilcom-Debitel, Ludwig, Eckert und Barbarino. In diesen Filialen ermöglicht Barzahlen Endkunden, Rechnungen verschiedenster Art – Stromrechnungen, Versicherungsbeiträge, Miete – sowie Onlineeinkäufe, Games und Reisen bar an der Filialkasse zu bezahlen. Unternehmenskunden können das eingezahlte Bargeld digital und vollautomatisiert verarbeiten und müssen keine eigene Infrastruktur mehr vorhalten. Der Handel profitiert dabei von messbaren Neukunden in den Filialen.

Barcode erhalten, am Point of Sale bezahlen

So funktioniert es: Der Kunde erhält einen Zahlschein mit einem Barcode per E-Mail, SMS oder Post. Dieser wird an der Kasse eines Einzelhandelspartners gescannt und vom Kunden vor Ort bezahlt. Nach Abschluss des Zahlvorgangs wird die Zahlungsbestätigung direkt über die Kasse an den Auftraggeber weitergeleitet. Barzahlen wird von zahlreichen Unternehmen wie Eon, den Ergo Direkt und Barmenia Versicherungen, DocMorris, rakuten.de oder Bigpoint genutzt. Darüber hinaus hat das Fintech eine Lösung für Banken entwickelt, mit der Kunden per Bank-App in den Partnerfilialen Geld abheben oder auf ihr Girokonto einzahlen können. Diese wird bereits von N26, der DKB und den Sparda-Banken genutzt.

Sitz: Berlin
Gründung: 2011
Gründer: Achim Bönsch, Sebastian Seifert
Mitarbeiter: 30
Investoren: Rewe Digital, Grenke Bank, Alstin
URL: barzahlen.de


Brickspaces: Temporary Brick & Mortar

Vermitteln Räume für Marken und Produkte: die beiden Brickspaces-Gründer Philip Schur und Giannis Paraskevopoulos (Bild: Brickspaces)

Pop-up-Shops – das sind temporäre Läden, die für ein paar Tage, Wochen oder Monate auftauchen und dann genauso schnell wieder verschwinden wie sie erschienen sind. Zahlreiche Unternehmen nutzen die temporären Stores, um ihre Produkte und vor allem die eigene Marke in Szene zu setzen. Das Besondere an Pop-up-Shops: die Vergänglichkeit. Ist ein Produkt in einem traditionellen Ladengeschäft immer erhältlich, kann es in einem Pop-up-Store bereits am nächsten Tag wieder verschwunden sein. So entsteht ein komplett neues Einkaufserlebnis mit eigenem Point of Sale.

Kurzzeitmieten für mehr als 1500 Locations

In der Regel werden Mietverträge von Gewerbeimmobilien über fünf, zehn oder sogar 15 Jahre geschlossen – für einen Pop-up-Store ist das zu lange. So kamen Giannis Paraskevopoulos und Philip Schur auf die Idee, eine Plattform ins Leben zu rufen, über die Agenturen und Unternehmen schnellen Zugriff auf zahlreiche Immobilien erhalten, die für Kurzzeitmieten von wenigen Tagen, Wochen oder Monaten zur Verfügung stehen. Der Grundstein für Brickspaces war gelegt. Inzwischen sind auf der Plattform mehr als 1500 Locations in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden zu finden. Diese sind für Pop-up- Stores und verschiedenste Markeninszenierungen ganz unkompliziert buchbar. Eine langwierige Suche und Verhandlung mit dem Vermieter entfallen. Vor allem in den Toplagen der großen Städte ist das Portfolio des Düsseldorfer Startups stark aufgestellt. Auf der Kundenliste von Brickspaces stehen bereits namhafte Marken wie Aldi Süd, Jaguar Land Rover, Mazda und Nescafé.

Sitz: Düsseldorf
Gründung: 2014
Gründer: Giannis Paraskevopoulos, Philip Schur
Mitarbeiter: 5
URL: brickspaces.de


Appjobber: Per Crowd am POS

Das Unternehmen von Robert Lokaiczyk (links) und Tobias Klug (rechts) überprüft nicht nur, sondern optimiert auf Wunsch auch die Produktplatzierung (Bild: Appjobber)

Appjobber ist eine Crowdsourcing-Plattform, die eine zeitnahe Überprüfung der Retail Execution ermöglicht. Die Kunden des Point of Sale Startups aus Darmstadt profitieren von 350.000 Usern europaweit und lassen bedarfsorientierte Erhebungen im Einzelhandel per App durchführen.

POS Audits und mehr

Neben klassischen POS Audits zur Platzierungsprüfung führt Appjobber beispielsweise für Tomtom International regelmäßig Projekte zum Austausch von Werbematerial am POS durch. Laila Kobel, Senior Manager Marketing DACH bei Tomtom, ist vom Service überzeugt: „Durch die Crowd-Lösung von Appjobber können wir unser POS-Material effektiver und kostensparender als bisher anbringen und austauschen lassen.“ Auch Marion Bolten, Category Development Manager bei Arla Foods Deutschland, bestätigt die Qualität des Echtzeit-Service im Rahmen einer Vollsortimenterfassung: „Appjobber ist unser Auge im Markt. Mit dessen Hilfe ist es uns gelungen, besser zu verstehen, was ,draußen’ wirklich los ist. Als Category Manager fehlt uns leider immer wieder die Zeit, in die Märkte zu fahren und zu beobachten, wie die Entwicklung vor Ort aussieht. Appjobber hat uns schnell und einfach ermöglicht, einen Überblick zu bekommen und das über mehr Märkte als wir in einem Jahr besuchen könnten.“

Aktuelles Ziel des Crowdsourcing-Startups ist die weitere Etablierung auf dem internationalen Markt. Durch die Partnerschaft mit der CPM International Group, einem weltweit führenden Dienstleister für Vertriebsstrategien, werden Synergieeffekte zwischen dem internationalen Netzwerk im Bereich Field Marketing und der Innovationskraft mobiler Technologien geschaffen. Damit kann sich Appjobber als fester Partner für international agierende Hersteller und Retailer zur Durchführung regelmäßiger Audits etablieren.

Sitz: Darmstadt
Gründung: 2011
Gründer: Dr. Robert Lokaiczyk, Dr. Tobias Klug
Mitarbeiter: 25
URL: appjobber.de


Locafox: Mehr Sichtbarkeit für lokale Händler

Unterwegs in der Nachbarschaft: der Locafox mit dem Gründerteam (Bild: Franz Grünewald)

Die zunehmende Digitalisierung stellt den stationären Handel vor große Herausforderungen. E-Commerce-Player wie Amazon und die stetig steigenden Kundenanforderungen bereiten vielen lokalen Händlern Kopfzerbrechen. Locafox hat es sich zur Mission gemacht, ihnen den Weg in die Digitalisierung zu erleichtern und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Online suchen, offline kaufen

Seit 2013 integriert der Handelsdienstleister stationäre Händler in seinen lokalen Online-Marktplatz Locafox.de und bietet so Konsumenten in mittlerweile 16 deutschen Städten die Möglichkeit, sich online über Produkte aus Geschäften in der Umgebung zu informieren, gewünschte Artikel zu reservieren und sie dann im Laden um die Ecke zu kaufen. Bereits zwei Millionen Produkte aus mehr als 4000 Geschäften in Deutschland sind auf der Point of Sale Plattform zu finden.

„ALS LOKALER HÄNDLER AUCH ONLINE GEFUNDEN WERDEN”

Eigenes Kassensystem mit Warenwirtschaft

Da die Anforderungen an lokale Handelsunternehmen rasant zunehmen, hat Locafox 2016 unter dem Namen Locafox POS ein smartes Kassensystem mit integrierter Warenwirtschaft auf den Markt gebracht, das kleinen und mittelständischen Händlern als Universalwerkzeug für die digitale Welt dient. Über das Locafox POS können sich die Händler an Locafox.de und E-Commerce- Plattformen wie Ebay anschließen, einen eigenen Onlineshop aufbauen oder sich auf Onlineplattformen listen lassen. Um die Sichtbarkeit seiner Händler im Netz weiter zu erhöhen, kooperiert Locafox mit shoppingrelevanten Internetportalen wie Testberichte.de. Seit Kurzem können Locafox-Händler zudem das innovative Google-Shopping-Anzeigenformat Local Inventory Ads nutzen und dieses mit dem Click-and-Reserve-Prozess von Locafox verknüpfen.

Sitz: Berlin
Gründung: 2013
Gründer: Karl Josef Seilern, Lukas Zels, Michael Wendt, Fabian Friede, Rob Morgan
Mitarbeiter: 72
Investoren: HV Holtzbrinck Ventures, Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft, Alexander Rittweger, Dr. Max Iann
URL: locafox.de


Pospulse: Mit Shopper Insights zum perfekten Einkaufserlebnis

Will dem Handel digital unter die Arme greifen: Pospulse-Gründer Dominic Blank (Bild: Pospulse)

Vor vier Jahren ist Pospulse (Point of Sale Pulse) mit der Mission gestartet, die Transparenz im E-Commerce auch in den stationären Handel zu bringen. Heute bezeichnet sich das Startup als Shopper-Insights-Intelligence-Firma, die Hersteller und Händler bei der Vermarktung ihrer Produkte und Services unterstützt.

Marktforschung digital

Pospulse greift auf ein Panel von mehr als 150.000 echten Shoppern und die eigene Point of Sale App „ShopScout“ zurück. Über das Smartphone werden die Nutzer flächendeckend aktiviert, um Erkenntnisse entlang des gesamten Einkaufsprozesses zu sammeln. Die Aufgaben reichen von der Prüfung von Produktplatzierungen direkt im Geschäft bis hin zur Bewertung von Onlineshops und Verkaufsgesprächen. Die Rückmeldungen fließen nahezu in Echtzeit in ein Dashboard ein und erlauben es dem Auftraggeber, Fragestellungen selektiert nach Zielgruppen, Regionen und sogar auf Filialebene nachzuverfolgen. Am Ende erhalten die Kunden individuelle Analysen, die von Branchenexperten in konkrete Handlungsempfehlungen übersetzt werden. Pospulse arbeitet mit namhaften Kunden wie Mars Petcare, Vodafone, Media Markt und Unilever in der DACH-Region sowie in Italien, Polen, Spanien und Tschechien zusammen. 2016 wurde das Unternehmen als eines von fünf Startups für das „Shopper Futures”-Programm von Mondelez International ausgewählt. Das Team von Pospulse zählt mittlerweile 42 Mitarbeiter, die gemeinsam an einer Vision arbeiten: Händler und Markenhersteller sollen per Knopfdruck relevante Informationen zur Leistungsbewertung und zu Verbesserungspotenzialen erhalten, um in Kombination mit Abverkaufszahlen, CRM-Daten und Logistikprozessen schnell, und effizient handeln zu können

Sitz: Berlin
Gründung: 2013
Gründer: Dominic Blank
Mitarbeiter: 42
Investoren: Etventure, High-Tech Gründerfonds, Drillisch AG, Medien Union
URL: pospulse.com


Sensape: Digitale Kundenansprache am POS

Statt statischer Print-Werbung setzt Sensape auf Interaktion (Bild: Sensape)

Die Präsentation von Informationen und Werbung für (potenzielle) Kunden ist eine große Herausforderung. Es bleiben nur Bruchteile einer Sekunde Zeit, um die Aufmerksamkeit der Kunden zu erregen, wenige Momente sie zu unterhalten und die komplexe Aufgabe, relevante Inhalte zur richtigen Zeit auszuspielen. Die digitale Produktpräsentation wird dabei immer mehr zum Standard, und ein Bildschirm allein haut schon lange niemanden mehr vom Hocker.

Next Generation Digital Sinage

Die unterhaltsamen Verkaufssysteme und kontextbasierten Werbebildschirme von Sensape sind anders: Da zwinkert einem plötzlich George Clooney aus dem Schaufenster zu, sobald man ihm in die Augen schaut. Oder der digitale Assistent im Laden erzählt Details zu dem Produkt, das der vor ihm stehende Kunde in den Händen hält. Möglich macht das die selbstlernende Bildverarbeitungssoftware für intelligente Produktpräsentationen, die das Leipziger Startup entwickelt hat. Die Sensape Visual Retail Solution – oder einfach Sensape VRS – kombiniert einen klassischen Digital-Signage-Ansatz mit künstlicher Intelligenz und Augmented Reality. Zur Anwendung kommt sie im „Brand Ambassador”, einem digitalen Promoter, der seine Umgebung verstehen, Geschlecht, Alter und Emotionen seiner Nutzer einschätzen und seine Inhalte dynamisch daran anpassen kann. Da Sensape VRS ein modulares System ist, können die Brand Ambassadors auch als Stand-Alone genutzt werden. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig: als Style- oder Rezeptberater, interaktive Handzettelverlängerung oder für Couponierungsaktionen. Mondelez, der Konsum Leipzig und die Postbank zählen zu den Kunden, die Sensape bereits auf diese Art nutzen.

Sitz: Leipzig
Gründung: 2015
Gründer: Matthias Freysoldt, Artur Lohrer
Mitarbeiter: 16
URL: sensape.com


Streetspotr: Retail Audits & Shopper Insights durch mobiles Crowdsourcing

Starke Mannschaft: Das Team um Dorothea Utzt (4. von links) und Werner Hoier (2. von rechts) ist nur ein Teil der 500.000 Teilnehmer starken Shopper-Crowd

Hersteller und Händler investieren viel Zeit und Geld in die Planung der Präsentation und Platzierung ihrer Produkte am Point of Sale. Herauszufinden, wie die Ware im Laden platziert ist, ob sie vom Kunden leicht gefunden wird oder wie dieser generell den Einkauf empfindet, verursacht allerdings einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand. Oft verzichten Unternehmen daher auf diese Informationen. Die Folge: hohe Verluste aufgrund mangelnder Sichtbarkeit der Produkte oder falscher Werbeplatzierungen.

Echtzeit-Einblicke vom POS

Streetspotr löst dieses Dilemma, indem das Startup Herstellern wie Händlern Echtzeit-Einblicke direkt vom Point of Sale ermöglicht. Mehr als 500.000 Shopper sind bei Streetspotr registriert. Sie überprüfen Regal- und Zweitplatzierungen, führen kleine Mystery Shoppings durch und geben über die App Feedback zu ihrem Einkaufserlebnis. So erhalten Hersteller und Händler Informationen aus erster Hand von echten Konsumenten, die gerade ihren Einkauf erledigen – und zwar flächendeckend in EMEA und den USA. Alle gesammelten Daten werden dem Kunden in Echtzeit in einem Online-Dashboard zur Verfügung gestellt, Alarme direkt an die Außendienstmitarbeiter verschickt. Dadurch können Missstände sofort erkannt und Gegenmaßnahmen schnellstmöglich eingeleitet werden – Kundenzufriedenheit und Umsatz steigen. Neben den Vorteilen des Crowdsourcings bietet Streetspotr seinen Kunden die Möglichkeit, den Außendienst mit der App auszurüsten oder beide Methoden zu kombinieren. Mehr als 100 namhafte Unternehmen aus den Bereichen Renner, Consumer Electronics, Handel und Unterhaltung sind bereits von Streetspotr überzeugt. Das Startup aus Nürnberg arbeitet weiter an der Internationalisierung: die Präsenz von Streetspotr soll kontinuierlich ausgebaut werden.

Sitz: Nürnberg
Gründung: 2011
Gründer: Dorothea Utzt, Werner Hoier
Mitarbeiter: 17
Investoren: KFW, Business Angels
URL: streetspotr.com


Gemeinsam mit unserem Kooperationspartner der Handel hat Berlin Valley das Sonderheft Digital Commerce (Auflage 120.000 Exemplare) veröffentlicht, in dem 50 Startups vorgestellt wurden, die den Handel nachhaltig verändern. In einer umfangreichen Serie stellen wir alle 50 Startups vor.

  • Teil 1 - 50 Startups, die den Handel verändern - Alternative Handelskonzepte
  • Teil 2 - 50 Startups, die den Handel verändern - Marktforschung und Analyse
  • Teil 3 - 50 Startups, die den Handel verändern - First Mile und Last Mile
  • Teil 4 - 50 Startups, die den Handel verändern - Hardware und Software
  • Teil 5 - 50 Startups, die den Handel verändern - Logistik
  • Teil 6 - 50 Startups, die den Handel verändern - Marketing
  • Teil 7 - 50 Startups, die den Handel verändern - Point of Sale
  • Teil 8 - 50 Startups, die den Handel verändern - Software as a Service

Die Bewerbungsphase für die kommende Ausgabe von Digital Commerce läuft.