Internationalisierung:

Wer es in China schafft, schafft es überall

19/11/2016
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Das Startup-Ökosystem China gehört zu den drei konkurrenzfähigsten der Welt. USA und Israel sind die anderen Top-Standorte. Ein Ranking dieser drei ist aber schwierig, weil sich die Wettbewerbssituation in diesen Ländern stark unterscheidet. So haben sich jeweils andere Überlebensstrategien und Erfolgsmodelle etabliert. Für China ist das teilstaatliche Wirtschaftssystem charakteristisch, das heißt: Viel Talent, Kapital und Technologie kommen nach China, dadurch entsteht Faszinierendes, aber es gibt keine direkte Verbindung zwischen China und dem Rest der Welt. Nur wenige erfolgreiche chinesische Startups erlangen international Bedeutung, und nur wenige US-amerikanische oder israelische Startups können in China ohne Anschluss an einen chinesischen Partner vorankommen.

Startup-Ökosystem China: Effiziente Copycats

Mehrere Faktoren bestimmen das Startup-Ökosystem China: Wegen der von der Regierung eingerichteten Firewall ist der Zugriff auf das Internet eingeschränkt. Es ist vielmehr ein Semi-Intranet. Hinzu kommt die intensive Unterstützung der Startups seitens der Regierung, der harte Wettbewerb und der laxe Arbeitsschutz, die unvorhersehbaren politischen Entscheidungen in Bezug auf den Markt, die soziale Kluft zwischen Arm und Reich und der Fakt, dass China so bevölkerungsreich ist.

All diese Faktoren erleichtern es guten chinesischen Startups, Finanzierung zu bekommen. Denn Investoren sind daran gewöhnt, größere Risiken einzugehen. Hinzu kommt die hohe Inflationsrate seit 2008 und die Sorge, dass die Immobilienblase platzen könnte. Das flexible Arbeitsrecht erleichtert Gründern, Angestellte schnell zu heuern und zu feuern und die Arbeitnehmerkosten gering zu halten.

Startups haben es allerdings schwer, eine Nische zu finden, in der sie wachsen können, angesichts der Monopole von Baidu, Alibaba und Tencent (BAT). Das Recht am geistigen Eigentum wird zwar immer mehr geschützt, aber nur für diejenigen, die Zeit und Energie aufbringen können, um gegen die vielen hartnäckigen und effizienten Copycats vorzugehen. Es gilt, schneller als die Konkurrenz Neuerungen umzusetzen – an der Technologie und am Geschäftsmodell.

Tiefgehendes Verständnis von der Mentalität der Menschen

Um ein innovatives Geschäftsmodell zu etablieren, ist ein tiefgehendes Verständnis vom Rechtssystem, den Nutzergewohnheiten, der Mentalität der Menschen und der Kultur der chinesischen Gesellschaft notwendig. Für Neuankömmlinge im Startup-Ökosystem China ist das sehr schwer. Die Unterstützung der Startups seitens der Regierung umfasst Finanzierung, Arbeitsplätze und Steuerbefreiungen. Die Regionalregierungen unterstützen teilweise auf andere Weise: Bei einem Entrepreneur aus Schanghai klopfen dann zum Beispiel Beamte des Regionalkomitees mit einem Finanzierungsangebot an die Tür. In Hangzhou können Gründer bei einem vom Staat veranstalteten Pitching-Event eine Finanzierung in Höhe von fünf Millionen Yuan gewinnen. Allerdings geht der Großteil des Finanzierungsvolumens an chinesische Staatsbürger oder Chinesen, die aus dem Ausland zurückkehren. Einzige Möglichkeit für Nicht-Chinesen: staatlich geförderte Kooperationsprogramme. Aber davon gibt es nicht so viele.

Die Unterstützung der Startups seitens der Regierung umfasst Finanzierung, Arbeitsplätze und Steuerbefreiungen.

China hat nicht nur die meisten VCs und Angel-Investoren der Welt, sondern auch 30 Jahre Erfahrung im Experimentieren mit Venture Capital. Sowohl chinesische als auch ausländische VCs arbeiten sehr gut in China und bringen das Startup-Ökosystem China konstant voran. Nur fehlt die Erfahrung in Hinblick auf Regulierung. Das führte zum Beispiel zu einem absurden Wachstum von B2B-Startups und dem Kollaps im Jahr 2015. Auch private Finanzierung von in China gegründeten Startups geht hauptsächlich an chinesische Gründer oder Mitgründer. Das ist zwar in den USA und Europa nicht anders, aber Ausländer haben es in China weitaus schwerer, Finanzierung zu bekommen.

Dennoch lohnt es sich, das eigene Startup in China zu internationalisieren, wenn das Geschäftsmodell zum dortigen Markt passt. Der riesige Markt mit fortschrittlichen Internetnutzern, die günstige und hochwertige Produktionsleistung und das Funding bieten gute Voraussetzungen für Startups. Wenn ein international ausgerichtetes Startup es in China schafft, dann überall.

Hohes Marketing-Budget

Um das zu erreichen, ist es wichtig, gute Partner in China zu finden. Gründer sollten auch darauf achten, mit einem Business nach China zu kommen, das sich nicht leicht kopieren lässt. Und: Sie sollten sehr hart arbeiten, ungeachtet der regulären Ruhepausen und Feiertage. Wer richtig gut ist, für den gibt es großes Potenzial – nahezu in jedem Bereich.

Einige Bereiche sollten ausländische Entrepreneure allerdings meiden, außer sie zählen einen Chinesen oder eine Chinesin zu ihrem Team, denen sie voll vertrauen und die gut vernetzt sind und Ressourcen haben. Dazu zählen Bereiche, die mit dem Aufbau von Online-Communitys verbunden sind, der Service-Sektor, insbesondere B2C-Services, für die ein hohes Marketing-Budget benötigt wird, sowie sämtliche Bereiche, die von der Regierung reguliert sind. Die Startup-Zentren sind Peking, das Silicon Valley Chinas, Shenzhen, das Hardware-Zentrum der Welt, Schanghai, Hangzhou und Chengdu – große Städte mit einem etablierten VC-System und Inkubatoren sowie Accelerator und starker Unterstützung durch die Regierung.

Last but not least: Beim Einwerben von Kapital bei chinesischen Investoren sind Schlüsseltechnologien und starke Teams entscheidend. Sie sehen in Deutschland die traditionellen Industrien und suchen nach industrienahen Technologien – auch im Startup-Ökosystem. Technologie-, Medien- und Telekommunikations-Startups aus Deutschland sind für sie dagegen gar nicht interessant, weil Internetnutzung und -zugang in Europa stärker limitiert sind als in China und den USA. An chinesischen und US-amerikanischen Startups aus dem Bereich haben die Investoren umgekehrt großes Interesse.

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