Der Sojaanbau in Brasilien bedroht den Amazonas und seine Bewohner

28/03/2019
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Noch vor seiner Wahl zum Präsidenten Brasiliens machte Jair Bolsonaro deutlich, was er von den indigenen Bewohnern Brasiliens hält – nicht viel. In einem Interview mit der brasilianischen Zeitung Correio Brasiliense vor einigen Jahren wird er mit folgendem Satz zitiert: „Es ist eine Schande, dass die brasilianische Kavallerie nicht so erfolgreich war wie die amerikanische, die die Indianer ausgerottet hat.“ Indigene Gemeinschaften, die in geschützten Reservaten leben, hat er schon mit Tieren im Zoo verglichen.

Laut der Zeitung Folha de Sao Paulo gibt es in Brasilien aktuell 721 indigene Reservate, zusammengenommen umfassen sie knapp 14 Prozent des brasilianischen Gebiets. Das soll sich bald ändern, wenn es nach dem neuen Präsidenten geht. Während seiner Wahlkampagne für die Präsidentschaftswahlen vergangenes Jahr kündigte er an, den indigenen Communities „nicht einen Zentimeter“ Land überlassen zu wollen und die Reservate für die wirtschaftliche Nutzung zu öffnen.

An der massiven Abholzung im Amazonas-Regenwald ist vor allem die Sojaproduktion schuld. Im letzten Jahr hat Brasilien die USA als größten Sojaproduzenten der Welt abgelöst. Nur ein kleiner Teil des Sojas wird dabei für Lebensmittel wie Tofu oder Sojasauce verwendet. Laut der Food and Agriculture Organization der UNO (FAO) sind weltweit insgesamt 75 Prozent des Sojas für die Tierfutterproduktion bestimmt. Ein Großteil des Sojas ist genmanipuliert, um Chemikalien wie Glyphosat zu widerstehen. Der Sojaanbau ist damit nicht nur eine Gefahr für das Ökosystem des Amazonas, sondern auch für die Menschen, die dort leben. Seitdem Bolsonaro im vergangenen Jahr zum Präsidenten gewählt wurde, fürchten viele Indigene um ihre Sicherheit.

Txana Bane von den Huni Kuin im Amazonas. Foto: Living Gaia e.V.

Als eine seiner ersten Amtshandlungen weist Bolsonaro die Verwaltung der indigenen Gebiete dem Agrarministerium zu. Damit liegen nun die Begrenzung und Identifizierung dieser Gebiete in der Hand eines Ministeriums, das sehr eng mit der Agrarwirtschaft verbandelt ist. Ein neu gegründetes Ministerium für Frauen, Familie und Indigene soll eine evangelikale Pastorin leiten, die sich in der Vergangenheit bereits gegen Abtreibung und Feminismus ausgesprochen hat. Ein Affront gegen alle Minderheiten im Land.

Umweltaktivisten als Feind

„Auch Umweltaktivisten werden gerade im großen Stil zum Feindbild stilisiert“, erzählt die deutsche Unternehmerin Alexandra Schwarz-Schilling. Auf einer Reise in den Bundesstaat Acre 2013 lernt sie die Häuptlingsfamilie der Huni Kuin, ein indigenes Volk aus dem brasilianischen Bundesstaat Acre, kennen. Seitdem stehen sie in engem Kontakt. Mit ihrer Organisation Living Gaia e.V. sammelt Schwarz-Schilling aktuell Spenden für einen Landkauf. Der konsequenteste Weg, die Gebiete vor der Regierung und der Agrarlobby zu schützen, ist, Privateigentum für die Indigenen zu schaffen.

Denn privates Land gilt in Brasilien als heilig. Die Huni Kuin besitzen bereits eigene Flächen, was für indigene Völker eigentlich gewöhnlich ist. Ihr Häuptling hatte sie vor 20 Jahren mit dem Preisgeld eines Filmes gekauft. Nun haben sie ein weiteres Stück Land gefunden, das an ihres grenzt. Am hinteren Ende grenzt es außerdem an das Gebiet von unkontaktierten Indigenen. Weil diese keinerlei Abwehrkräfte gegen menschliche Keime entwickelt haben, gehören sie zu den gefährdetsten Menschen auf dem Planeten.

Schon die ersten Kontakte mit Weißen vor 80 Jahren hätten die Huni Kuin traumatisiert, erzählt Txana Bane, der Sohn des Häuptlings, in einem Interview mit der Taz Anfang dieses Jahres: „Das war ein Desaster. Die Weißen, die damals Kautschuk gesucht hatten, sind sehr brutal gegen die Huni Kuin vorgegangen.“ Die Wahl von Bolsonaro haben sie alle nicht kommen sehen, erzählt Alexandra Schwarz-Schilling. „Wir waren alle wie in einer Schockstarre.“ Ihr Projekt ist auch ein Mittel, um aus dieser Schockstarre herauszukommen und etwas gegen Bolsonaro und das Soja zu tun.