Scale or die?

10/12/2018
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Drei Sessions, sechs Experten, ein Thema: „scale or die“. Dabei ließen die Experten des Abends auf der fünften #TechNight der HypoVereinsbank schnell erkennen, dass die Skalierung des Umsatzes allein nicht das Allheilmittel einer gesunden Unternehmensstrategie sein kann. Was nötig ist, um erfolgreich zu wachsen, diskutierten Erik F. Nielsen, Chefvolkswirt der UniCredit, Duncan McIntyre, SVP Corporate Finance und Head of Investor Relations von Delivery Hero SE, Finn Hänsel, CEO von Movinga, Michiel Kotting, Partner von Northzone, Sebastian Bielski, CFO von smava, sowie Michael Wax, COO und Co-Founder von FreightHub.

An der Basis: das Diktat des Markts

Die Frage des „scale or die“ ist für Erik F. Nielsen mit Blick auf die Weltmärkte wichtiger denn je. Seine Prognose: Eine leichte Rezession könnte bevorstehen. Grund für die Annahme des Chefvolkswirts sind vielfältige politische Entwicklungen. Das Ergebnis aber wird laut Nielsen überall dasselbe sein und kann derzeit in den Vereinigten Staaten beobachtet werden: „Investoren interessieren sich zunehmend für größere Deals und die Spätphasenfinanzierung. Hier sehen wir wie nirgendwo sonst ‘you scale or you die’.“ Doch wie müssen Startups skalieren, um trotz aller Marktentwicklungen und politischen Entscheidungen langfristig ein gesundes Wachstum zu erreichen?

Vom Startup zum „Scaleup“

„Wachstum und Skalierung sind zwei grundverschiedene Dinge. Skalierung bedeutet nicht nur, dass Umsatzzahlen steigen, sondern dass jeder zusätzliche Verkauf zur Ertragskraft des Unternehmens beiträgt“, erklärt Finn Hänsel. Michael Wax ergänzt: „Neben dem Umsatz sind es die Versandmengen, aber auch Faktoren wie der Net Promoter Score, die relevante Indikatoren für unseren langfristigen Erfolg darstellen.“ Die Experten scheinen sich einig, dass das Geheimnis des Erfolgs in der Skalierung einzelner Prozesse liegt, um das Unternehmen letztlich ganzheitlich zu stärken. Eines ist den Diskutanten dabei klar: ökonomische Aspekte – ja. Skalierung als Allheilmittel eines erfolgreichen Geschäftsmodells – nein. Denn ein „gesunder Umsatz“ ist laut Hänsel mehr als ein auf Marketingtricks kurzfristig geschaffener schneller Anstieg von Zahlen. Auch Sebastian Bielski sieht Skalierung als Teil eines größeren Wachstumsprozesses: „Wenn du dein Unternehmen aus Schwierigkeiten heraushalten willst, dann solltest du nach dem Motto ‚nail it before you scale it’ arbeiten. Dein Unternehmen – dein Marketing, deine IT – muss funktionieren. Skaliere zunächst qualitativ, um darauf aufbauend quantitativ zu skalieren“, rät Bielski.

Das große Ganze

Ein weiterer Grundsatz des Abends: Erfolg erfordert Transparenz. „Die Mitarbeiter schätzen es, wenn die Zahlen mit ihnen geteilt werden. Sie fühlen sich als Teil des großen Ganzen“, erklärt Hänsel. Ein großes Ganzes, das nicht zuletzt durch Investoren gestützt wird. Um erfolgreich zu agieren und zu skalieren, müssen diese dieselbe „DNA“ haben wie die Gründer. Erwartungen an Kapitaleinsatz, Umsatz und Gewinn müssen laut den Experten in- und extern stimmig sein. „Meilensteine des Unternehmens, die das Risikoprofil verändern, sind hier relevant. Fragen danach, ob beispielsweise eine Internationalisierung angestrebt wird, neue Märkte in Angriff genommen werden oder die Kernmärkte profitabel sind, müssen gestellt werden“, weiß Michiel Kotting.

Auf dem Parkett: „Where the love happens”

Ist die ganzheitliche Skalierung gelungen, blicken viele Startups voller Hoffnung auf die Königsdisziplin des Wachstums: das große Parkett. Ein Startup, das den Börsengang erfolgreich gemeistert hat, ist Delivery Hero. „Auf unserem Weg zum IPO war das Verständnis für unser Geschäftsmodell durch das Tech Team der HypoVereinsbank sehr wichtig. Natürlich stand irgendwann die Frage im Raum, wann endlich der Schritt auf das Parkett stattfindet. Sie wollten wissen, ‚when does the love happen’“, lacht Duncan McIntyre. Für ihn steht fest, bei diesem Schritt geht es nicht mehr um „scale or die“, es geht darum, das Phänomen des „scale and die“ zu vermeiden. „Du musst sicherstellen, dass du Marktpräsenz zeigst, deine Kundenbasis kontinuierlich ausbaust und ununterbrochen Kapital beschaffst“, verrät McIntyre. Skalieren geht also doch als Kern des Wachstums, man muss nur wissen, wie: auf allen Ebenen des Unternehmens. Michiel Kotting bringt es letztlich auf den Punkt: „What measures gets done but if you only measure top line you are going to ruin your company.“

Weitere Infos zur #TechNight Berlin: hvb.de/tech
Fotos: HypoVereinsbank/Michael Fahrig