Learnings

„Fehler sind gewollt, um zu lernen“

30/10/2015
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Fünf Learnings aus meiner Zeit bei Rocket Internet

Viele Jahre durfte ich Alexander, Oliver und Marc beim Aufbau ihrer Unternehmungen begleiten: ob Jamba, iLove, European Founders Fund oder Rocket Internet – viele spannende Jahre mit steiler Lernkurve und so einigen Aha-Momenten. Besonders ein Gedanke blieb mir in Erinnerung, den Oliver Samwer heute noch gern auf Konferenzen zum Besten gibt.

Wir fuhren 2004 im Taxi zu einem TV-Interview und diskutierten über Unternehmertum und Gründermentalität. Er stellte mir eine rhetorische Frage: „Was glaubst du, wie viele Stunden der Tag des Pizzabäckers an der Ecke hat?“ – „Na 24“, antwortete ich verwundert. „Und was glaubst du: Wie viele Stunden hat der Tag vom Chef von Pizza Hut?“ Eine Antwort erwartete er nicht, aber ich wusste, was er meinte. Wir sind alle unseres eigenen Glückes Schmied. Auf fünf Learnings aus dieser Zeit möchte ich gern eingehen und hoffe, dass sie dem ein oder anderen Unternehmer einen Schritt weiter helfen.

1. Geschwindigkeit

Oft höre ich, der Erfolg von Rocket Internet sei erkauft. So schnell könne man nur expandieren, wenn man das Konto voller Geld habe und somit Mondpreise an allen Fronten zahlen könne. Aber denken wir eine Nummer kleiner: Es fängt schon mit den täglichen Entscheidungen an, die wir treffen. Wie lange grübeln wir, denken wir nach, wägen ab, sind zögerlich und unsicher? Man muss realisieren, dass man es nie allen recht machen kann. Oft gibt es nicht den einen, idealen Weg. Klar wird das auch, wenn man einschlägige Managementautoren liest. Der eine schlägt Lösungsweg A vor, der andere B, und wieder der nächste rät, alles so zu belassen, wie es ist. Entscheidend ist, das Ziel klar vor Augen zu haben: besser zehn Entscheidungen getroffen zu haben, von denen sich zwei im Nachhinein als falsch erweisen, als gar nicht vorwärtszukommen und überholt zu werden. Auch hier beginnt es schon im Kleinen: Die Devise „Besser erledigt, als perfekt“ ist Teil der Startup-Kultur.

2. Fokussierung

Jeden Tag flattern massenhaft E-Mails und Einladungen herein, werden Bitten und Fragen an einen herangetragen: Kannst du hier mal, schau doch da noch schnell. Defokussierung lautet das Problem. Nein zu sagen ist eine Kunst, bei der Eitelkeit fehl am Platze ist und garantiert nicht der richtige Weg zum Erfolg. Um fokussiert arbeiten zu können, ist es unerlässlich, sich klar über die eigenen Ziele zu sein ebenso wie über die Strategie, den Weg dorthin. Wenn man sich darüber im Klaren ist, fällt es auch leicht, Entscheidungen zu treffen und zu sehen, welche Dinge der Zielerreichung förderlich sind und welche nur ablenken auf dem Weg an die Spitze. Apropos Ablenkung: Die Frage ist auch, wann man sich dann mit Dingen, die man als wichtig identifiziert hat, beschäftigt. Diskutiert und philosophiert man schon lange, bevor die eigentliche Situation ansteht, über das Ob, Wie, Wer, Wann und Wo oder agiert man gemäß dem Motto: „We cross the bridge when we get there“?

3. Internationalisierung

Think big, think global! Produkte und Zielgruppen international zu denken und sich nicht im Lokalen zu verlieren, ist ein entscheidender Baustein zum Erfolg. Besonders digitale Produkte kennen keine geografischen Grenzen und sollten von Anfang an konsequent global gedacht werden. Was in einem Land funktioniert, muss nicht im anderen funktionieren. Aber Synergien zu nutzen, Ideen kulturell passend zu adaptieren und weiterzuentwickeln, Strukturen von Beginn an international auszurichten, das sind die To-dos. Um erfolgreich zu Internationalisieren gilt es auch, im Team tiefgreifendes Verständnis für die lokalen Gegebenheiten zu schaffen. Hier ist Geld in ein solides Team mit starker Umsetzungskompetenz gut investiert.

4. Fehlerkultur

Eine wichtige Regel lautet, mit kleinen Budgets auch kleine Fehler zu machen. Fehler sind gewollt, um zu lernen. Als wir beispielsweise den besten Vermarktungsweg für ein neues Produkt ermitteln wollten, haben wir 5000 Euro systematisch in jeden denkbaren Kanal gesteckt. Printanzeigen, Banner, Videotext, TV-Werbung, Radio und so weiter. Zugegebenermaßen sahen die Werbespots und Anzeigen dem Budget entsprechend aus. Auch von den Mediaplanern wurden wir ausgelacht. Viele der Kanäle funktionierten überhaupt nicht. Aber einige wenige, insbesondere die über das Fernsehen, skalierten fantastisch, sodass innerhalb kürzester Zeit hunderte Millionen Euro investiert wurden. Skalierbares Wachstum wurde mit minimalem Risikoeinsatz identifiziert.

5. Verhandlungsgeschick

Gerade als Startup kann man nicht mit Bekanntheit, Marke und Vertrauen glänzen. Das sind Attribute, die man über Jahre aufbaut. Dennoch werden entscheidende Verhandlungen mit potenziellen Mitarbeitern, Investoren, Dienstleistern, Kooperationspartnern und vielen anderen Stakeholdern geführt. Hier ist Überzeugungskraft gefragt. Der CEO beziehungsweise der Gründer einer Firma ist für mich immer auch der oberste Verkäufer. Auch gilt es zu bedenken, wie man sich in welcher Situation präsentiert. So kann es zum Beispiel klug sein, sich als Fintech-Unternehmen nicht unbedingt als hippes Startup zu verkaufen, da es gerade in dieser Branche um Vertrauen geht.