Sachar Klein erklärt PR für Startups:

„95 Prozent aller Pressemitteilungen sollten gar nicht erst geschrieben werden“

01/11/2017
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„Niemand kann die Vision besser und glaubwürdiger erzählen als der Gründer“

Sachar, wie wertvoll ist PR für Gründer? Sollte sie selbst oder von einer Agentur erledigt werden?

Sachar Klein: Ich bin ein großer Befürworter, dass man, bevor man über den Weg spricht, sich auf das Ziel verständigt. Wenn Öffentlichkeit wichtig für den Erfolg eines Unternehmens ist, muss man sich die Frage stellen, wie man diese herstellt. Prinzipiell kann niemand besser die Vision und die Geschichte eines Unternehmens besser und glaubwürdiger erzählen als der Gründer. Die Frage ist: Ist er extrovertiert genug, um auf Medienvertreter und Influencer zuzugehen? Mag er es, in der Öffentlichkeit zu stehen und aufzutreten? Beantwortet er diese Fragen mit „Ja”, sollte er zumindest am Anfang selbst aktiv Kommunikation betreiben. Weil die Kommunikation dann deutlich ehrlicher und authentischer ist. Das sage ich als Agenturgründer und -vertreter. Auch weil ich weiß, dass wir Agentur-Leute in dieser Phase als Berater und Förderer auftreten können.„Holt das wirklich jemanden hinter dem Ofen hervor?“

Wie fange ich als Gründer mit guter Pressearbeit an?

Sachar Klein: Indem ich verstehe, warum Menschen Medien konsumieren. Sie wollen informiert, vor allem aber unterhalten werden. Geschichten bleiben nachhaltig im Kopf. Als Gründer muss ich deswegen, wenn es um PR geht, über die Fähigkeit verfügen, mein Unternehmen immer wieder kritisch zu hinterfragen: Ist das spannend für die Öffentlichkeit? Und beantworte ich die Frage mit „Ja”, muss ich sie mir immer wieder kritisch stellen: „Holt das wirklich jemanden hinter dem Ofen hervor, oder ist das nur für uns intern wichtig?” So wichtig Öffentlichkeit auch ist, weil sie Kunden und Investoren anzieht, sollte man, was die Wahl der Geschichten betrifft, mit denen man Pressevertreter kontaktiert, sein schärfster Kritiker sein. Denn: Journalisten erhalten zig Anfragen am Tag, die meisten sind nutzlos, weil sie eben niemanden wirklich interessieren - außer das Absender-Unternehmen.

„Vertrauen entsteht, wenn man etwas gibt, ohne etwas als direkte Reaktion zurückzufordern“

Was ist wichtig für den richtigen Aufbau eines Netzwerkes?

Sachar Klein: Ein Netzwerk basiert in erster Linie auf Vertrauen. Vertrauen entsteht nicht über Nacht. Das bedeutet, dass man PR nicht einfach mal so machen kann, sondern dass man viel Zeit investieren muss, um das Vertrauen von relevanten Personen zu gewinnen. Stichwort Vertrauen: Das entsteht am ehesten dann, wenn man Menschen etwas gibt, ohne etwas als direkte Reaktion zurückzufordern.

„Bei der PR geht es vor allem darum, was Menschen  denken sollen“

Wieviel Zeit und Mühe sollte in die PR eines Startups investiert werden?

Sachar Klein: Die Frage ist: Was möchte man mit seinem Unternehmen erreichen. Geht es um einen kurzfristigen Abverkauf, ist Performance-Marketing sicher der effizientere und bessere Weg. Wenn es aber darum geht, ein Marke, ein Unternehmen mit einer Vision aufzubauen, kommt man nicht an PR vorbei. Viele denken, dass es bei der PR darum geht, dass Menschen von der eigenen Unternehmung erfahren. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille, das kann Werbung auch. Bei der PR geht es vor allem darum, was Menschen über dein Unternehmen und dich als Person denken sollen.

„Pressemitteilungen sind nur ein Tool von ganz vielen. Und mit Sicherheit nicht das Beste und Angesagteste“

Was darf in keiner Pressemitteilung fehlen?

Sachar Klein: Diese Frage sollten wir uns im Jahr 2017 echt nicht mehr stellen. Pressemitteilungen sind nur ein Tool, eins von ganz vielen Tools. Und mit Sicherheit nicht das Beste und Angesagteste, wenn es um PR geht. Journalisten werden täglich mit hunderten von Mails geflutet. „Wieso sollte ausgerechnet meine Pressemitteilung von ihnen gelesen werden?” Diese Frage sollte man sich immer dann stellen, bevor man Zeit in das Verfassen einer Pressemitteilung investiert. Mehr als 95 Prozent aller Pressemitteilungen sollten gar nicht erst geschrieben werden, weil sie auf beiden Seiten – also für die PR und für die Journalisten – nur Lebenszeit kosten. Besser ist es, man investiert in gutes Storytelling und arbeitet an der Qualität seines Netzwerks. Dann klappt es auch mit der PR.

Sachar Klein ist Chief Attention Officer bei Hypr. Die Berliner Agentur löst mit Hilfe von Kommunikation Probleme. Ob es sich dabei um zu wenig, zu viel oder die falsche Wahrnehmung handelt, ist ebenso nebensächlich wie der Ansatz über klassische oder digitale Medien. Zu den Kunden von Hypr gehören unter anderem die Code University, Visual Statements, Sistermag sowie die Innovationsstiftung Nesta. hypr.agency

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