Im Interview

Ottobock-Chef Hans Georg Näder

31/07/2015
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Eine Brauerei mit Wellnessbereich wird zum Startup-Hub

„Ein Schwergewicht ist am Prenzlauer Berg gelandet“, sagt Hans Georg Näder nicht ohne Selbstironie. Tatsächlich meint der 100-Kilo-Mann damit aber nicht sich selbst, sondern seine Firma, die Ottobock-Unternehmensgruppe. Ottobock ist Weltmarktführer der technischen Orthopädie, stellt seit 1919 Prothesen, Orthesen und Rollstühle her. Auf dem Gelände der Bötzow-Brauerei baut Näder nun ein Innovationszentrum, wo Ottobock sich mit der Startup-Szene verbinden soll – und umgekehrt.

An 200 Tagen im Jahr ist Näder unterwegs, aber an diesem sonnigen Tag im Juli steht er vor seinem silbernen Wohnwagen auf dem weiten Hof der ehemaligen Brauerei und breitet die Arme aus, um zu zeigen, dass er auf dem 24.000 Quadratmeter großen Areal Großes vorhat. In den kommenden Jahren will er hier 250 Millionen Euro investieren. Der Wohnwagen ist sein temporäres Büro. Unter anderem soll auf dem Gelände bis 2017 das Ottobock Future Lab entstehen, wo das Unternehmen mit strategischen Bereichen einzieht. 2018 soll dann der Open Innovation Space fertig werden, eine Entwicklungswerkstatt für Startups. Daneben wird es ein Hotel, einen Shop, einen Biergarten, ein Museum und einen Wellness-Bereich geben. Gründen gehöre zu seiner DNA, sagt Näder. „Ich bin eine Bruthenne.“

Sein Ziel: „Wir suchen Startups, die zu uns passen“, erklärt der 53-Jährige. „Dabei sind wir aber nicht auf den Bereich Medizintechnik reduziert.“ Auch Designer seien zum Beispiel gefragt. Damit es schon losgehen kann, bevor die umfangreichen Bauarbeiten abgeschlossen sind, hat der Open Innovation Space seine Arbeit in einem provisorischen Bau bereits aufgenommen. Ottobock arbeitet hier mit Makea Industries zusammen.

Das Team von Makea Industries hat die offene Entwicklungswerkstatt eingerichtet, in der Interessenten Zugang zu Hightech-Werkzeugen wie 3D-Druckern, Platinenfräsen, Mikrocontrollern, Lasercuttern und CNC-Fräsen bekommen. Aber es stehen auch fast alle klassischen Werkzeuge zur Verfügung, die man zum Erfinden braucht. „Wir sind Teil des internationalen Fab Lab Netzwerks“, erklärt Murat Vurucu, einer der Makea-Industries-Gründer. „Wir bieten den Leuten Einführungskurse an, damit sie unsere Technik nutzen können.“ Jeder kann zum Arbeiten hierherkommen, nur die Benutzung der Maschinen muss bezahlt werden.

„Das Fab Lab wird garantiert neue Gründungen bringen“, prognostiziert Hans Georg Näder. Er selbst arbeitet gerade an einer, die sich mit digitaler Fabrikation beschäftigt. Das passt zum Kerngeschäft von Ottobock. Näder habe den Gründern auch einiges zu bieten: „Erfahrung und Kapital“, sagt er. „Das ist die ideale Kombination. Wir denken langfristig und sind nicht an kurzfristigen Exits interessiert.“ Der Inhaber führt Ottobock seit 25 Jahren, hat den Umsatz von 100 Millionen Euro auf mehr als eine Milliarde gesteigert und dabei immer wieder neue Unternehmen gegründet. Heute beschäftigt die Unternehmensgruppe mehr als 8000 Mitarbeiter.

Doch das reicht ihm noch nicht. Im September fährt Hans Georg Näder für vier Wochen ins Silicon Valley, um auch dort die Startup-Szene kennenzulernen. „Ich setze mich in das Café, wo man die Burschen alle trifft“, kündigt er an und eilt zum nächsten Termin.

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