Was macht eigentlich der Beirat Junge Digitale Wirtschaft?

29/06/2017
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Seit 2013 gibt es den Beirat Junge Digitale Wirtschaft beim Bundeswirtschaftsministerium. Er wurde vom damals amtierenden Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) eingerichtet, um das Praxis-Know-how der jungen digitalen Wirtschaft für das Ministerium nutzbar machen zu können. Seitdem sitzen knapp 30 Personen in diesem Gremium, die direkt dem oder der amtierenden Wirtschaftsminister/-in und den einschlägigen Abteilungs- und Referatsleiter/-innen beratend zur Seite stehen, darunter viele Startup-Gründer und -Gründerinnen. Doch was heißt das genau?

Kaffee trinken? Häppchen essen? Spesen kassieren? Schlau reden? Was passiert bei den im Schnitt drei Sitzungen im Jahr und was passiert dazwischen? Kommen da auch handfeste Entscheidungen und Initiativen heraus, die der deutschen Digitalszene und dem Startup-Ökosystem in dem Bereich nutzen? Solche Fragen traut sich niemand mir als stellvertretenden Beiratsvorsitzenden direkt zu stellen, aber zwischen den Zeilen muss ich mir schon mal anhören, dass man zum Kaffeetrinken nicht unbedingt von Mainz nach Berlin fahren muss und mit den eigenen Unternehmen sicher schon genug zu tun hätte.

„Es gibt eine Fluktuation und eine zunehmende Anzahl weiblicher Mitglieder“

Auf der anderen Seite ist das Interesse aus der Szene, Mitglied in diesem Gremium zu werden, sehr groß. Die meisten Mitglieder und der Vorstand sind für ein Jahr berufen beziehungsweise gewählt. Es gibt eine Fluktuation und eine zunehmende Anzahl weiblicher Mitglieder. Was der Beirat ist und was wir machen außer Kaffeetrinken (ja, bei den Sitzungen gibt es natürlich auch Kaffee und ganz selten Kekse) und was der Beirat schon in der realen Welt da draußen bewirkt hat, möchte ich mit diesem Beitrag öffentlich machen.

Wer sitzt im Beirat?

Die zurzeit 26 Mitglieder des Beirats sind Gründerinnen und Gründer und junge IT-Unternehmerinnen und -Unternehmer aus dem digitalen Startup-Ökosystem, Vertreterinnen und Vertreter etablierter IKT-Unternehmen sowie Investoren. Sie verfügen über besondere Sachkunde und einschlägige Erfahrungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie und haben sich bereits mehrfach als Experten mit profunden Erfahrungen und Kenntnissen profiliert und in der öffentlichen Diskussion eingebracht.

Die Mitgliedschaft im Beirat ist ein persönliches Ehrenamt (lediglich die Reisekosten werden erstattet), das keine Vertretung zulässt. Vorsitzender des Beirats ist Tobias Kollmann, Inhaber des Lehrstuhls für E-Business und E-Entrepreneurship an der Universität Duisburg-Essen und unter anderem wissenschaftlicher Leiter des Deutschen Startup Monitor des Bundesverbands Deutsche Startups. Die Mitgliederliste ist auf der Webseite des BMWi einsehbar.

Was haben wir erreicht?

Diese 26 Personen haben während der Beiratssitzungen und unterjährig die Möglichkeit, die Bundeswirtschaftsministerin und die einschlägigen Abteilungs- und Referatsleiter/-innen im persönlichen Gespräch von den Vorteilen von Startup-freundlichen Rahmenbedingungen zu überzeugen und politische Initiativen zu identifizieren und zu initiieren mit Unterstützung des Ministeriums. Die Themen sind umfassend und reichen vom Zu- beziehungsweise Einwanderungsgesetz über die Harmonisierung des EU-Binnenmarkts und Finanzierung bis hin zu digitaler und unternehmerischer Bildung sowie ethischen Fragestellungen rund um das Thema Digitalisierung und Etablierung neuer digitaler Geschäftsmodelle.

Das praxisbezogene Know-how des Beirats und unsere Erklärungen zu Zusammenhängen und Bedürfnissen innerhalb des digitalen Startup-Ökosystems werden von den Spitzenbeamten sehr offen und handlungsorientiert aufgenommen und aufgegriffen, zum Beispiel bei „Invest – Zuschuss für Wagniskapital“ oder zur Rolle der KfW beim Thema Finanzierung. Dieser direkte Zugang und das offene, ungefilterte Gespräch innerhalb dieses Gremiums, das Vertrauensverhältnis, welches sich zwischen dem Beirat und dem Ministerium aufgebaut hat, ist gar nicht hoch genug zu bewerten und ebenso das Begreifenwollen des Potenzials, das in Deutschland vor uns liegt und wie die Politik dazu beitragen kann, es zu heben. Dass dieser Austausch so engagiert, ehrlich und sachorientiert ist, ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass wir keine typischen Branchenvertreter der einschlägigen großen Verbände abbilden. Wir vertreten unsere persönliche Meinung und nicht die unserer Mitglieder und müssen keine Rücksichten nehmen.

Durch diesen Zugang haben wir nicht nur einiges erreicht, sondern, glaubt mir, auch einiges verhindern können, ich sage beispielsweise nur: Anti-Angel-Gesetz. Auf eine Initiative aus dem Beirat geht es zurück, dass an vielen deutschen Grundschulen die Schülerinnen und Schüler mit dem Calliope mini, einem simplen Mikroprozessor, im Unterricht Roboter in Bewegung setzen, Nachrichten übertragen und einfache Software programmieren können. In dem Zusammenhang wurde auch eine große mediale Diskussion angeregt zum Thema digitale Bildung in Deutschland.

„Als ein in der Diskussion streitiges Thema sei Big Data genannt, zu dem wir uns äußern werden“

Wir haben bislang zweimal eine deutsch-französische Digitalkonferenz mit unseren Agenden und aktiver Diskussion mit dem französischen Nationalrat für Digitales (Conseil national du numérique, CNNum) mitgestaltet und werden die Zusammenarbeit fortsetzen. Wir waren bei den IT-Gipfeln der Bundesregierung eingebunden und haben beim Digitalgipfel am 12. und 13. Juni zum Thema E-Health der amtierenden Ministerin Brigitte Zypries ein Positionspapier überreicht und mit ihr und Gesundheits-Startups diskutiert.

Zu den bereits erschienenen Positionspapieren und Handlungsempfehlungen werden wir im Vorfeld der kommenden Bundestagswahl ein weiteres veröffentlichen, das die notwendigen richtungsweisenden Veränderungen von Rahmenbedingungen für das Ökosystem formuliert. Als ein in der Diskussion streitiges Thema sei Big Data genannt, zu dem wir uns äußern werden. Nicht zuletzt haben wir eine Gründerinnen-Kampagne gestartet, die Frauen Mut machen soll zu gründen und die Gründer-Stunde an Schulen initiiert und persönlich begleitet, das heißt, wir gehen selber in die Schulen und suchen „Mittäter“.

Was kann noch besser werden?

Der Beirat hat also schon einiges erreicht und die Politik und Verwaltung für Startups und Digitalisierung sensibilisiert. So sind wir als einziges Gremium in der Digitalen Agenda der Bundesregierung benannt. Aber klar, besser geht immer. Wir werden uns zukünftig und stärker mit anderen Plattformen und Gesprächsformaten vernetzen wie etwa den Gremien aus anderen Ministerien oder dem Ethikrat. Und wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann hätten ich und wahrscheinlich die meisten Beiratsmitglieder einen vergleichbar so gut ausgestatteten Beirat wie die französischen Kollegen mit entsprechenden Mitarbeitern, die die zahlreichen Themen unterstützen könnten, die wir alle mit viel persönlichem Engagement angehen.

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