„Die Solarisbank wurde von vornherein als globales Projekt aufgesetzt“

26/07/2017
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Was ist die Solarisbank für eine Bank?

Roland Folz: Die Solarisbank ist ein Tech-Unternehmen mit einer Banklizenz. Wir sind aber keine Retailbank und haben daher keinen eigenen Bezug zum Endkunden. Wir fokussieren uns auf die Digitalisierung der Bankprozesse und machen es unseren Partnerunternehmen sehr einfach, sich mit unseren Prozessen über unsere Schnittstellen zu vernetzen.

Seid ihr eine Plattform oder bietet ihr Banking-as-a-Service an?

Roland Folz: Es ist eine Mischung. Wir bieten unsere Plattform für Dritte an, um beispielsweise die regulatorischen Anforderungen abzubilden. Viele unterschätzen, dass man sehr schnell in den regulierten Bereich gerät, egal ob man ein Marktplatz ist, ob man Kontoführung anbieten möchte oder eine klassische Absatzfinanzierung.

Timo Weber: Eine Plattform sind wir auch, weil wir nicht alle angebotenen Services selbst machen, sondern auch andere Provider integrieren.

Wie viele Kunden sind auf der Plattform?

Roland Folz: Wir haben knapp 30 Partner, in der Pipeline sind mehr als 100. Das ist aber nicht das Entscheidende. Über unsere Partner, zum Beispiel Fashioncheque, erreichen wir schon jetzt mehr als eine Million Verbraucher.

Wie verdient ihr Geld?

Roland Folz: Im Prinzip ganz klassisch über Provisionen oder durch Zinsdifferenzen. Das unterscheidet uns nicht von anderen Banken. Wer konkurriert mit Euch?

Timo Weber: So fokussiert und skaliert auf den Bereich Banking als Plattform ist keiner. Ein Teil unserer Wettbewerber hat eigene Retail-Auftritte und die konkurrieren dann mit den Partnerunternehmen. Diese Gefahr besteht bei uns definitiv nicht. Wir konzentrieren uns nicht auf die Endkundengewinnung und benötigen dafür weniger Ressourcen, da die Beziehung mit dem Endkunden immer bei unseren Partnern liegt.

„Wir konzentrieren uns nicht auf die Endkundengewinnung und benötigen dafür weniger Ressourcen, da die Beziehung mit dem Endkunden immer bei unseren Partnern liegt“

Wie unterscheidet ihr euch von den traditionellen Banken?

Roland Folz: Wir sind ein Enabler, wir bieten unsere Plattform Dritten an, die keine Banklizenz haben. Über uns können sie ein eigenes Bankprodukt entwickeln. Ein Beispiel: Kontist bietet Kontoführung für seine Kunden an. Man sieht nur im Kleingedruckten, dass es eine Dienstleistung der Solarisbank ist. Die Kundenbeziehung hat Kontist. Wenn Kontist das über die Deutsche Bank, die DAB oder Consors anbieten würde, dann würde nicht mehr ihre Kundenbeziehung im Vordergrund stehen.

Ihr habt gerade eine Finanzierung von 26,3 Millionen Euro erhalten. Was habt ihr mit dem Geld vor?

Roland Folz: Ein großer Teil fließt sicherlich in den Ausbau der Plattform. Wir haben noch einiges in der Pipeline. Im nächsten Quartal werden wir zum Beispiel mit Mastercard ein Kartenprodukt zu unseren Konten anbieten. Und natürlich steht auch die Internationalisierung im Fokus. Wir haben jetzt einen strategischen Partner aus Japan, SBI, mit dem wir gemeinsam 2018 in Asien starten wollen.

Warum Asien?

Timo Weber: Aufgrund der enormen Wirtschaftskraft. Auch die Investitionen in Fintechs sind bemerkenswert. Sie haben die Investitionen in den USA im vergangenen Jahr überholt. Rund elf Milliarden Dollar flossen in Asien in Fintechs, das ist eine echte Hausnummer. In Asien gibt es die großen Player wie Ant Financial, was zur Alibaba Group gehört. Und es gibt unfassbar viele Neobanken, wie etwa Timo in Vietnam. Unser Investor SBI hat auch eine Neobank in Japan. Der Markt in Asien ist extrem reif und zudem ist der Digitalisierungsgrad sehr hoch.

Aber es sind viele Märkte, nicht ein Markt.

Timo Weber: Das stimmt, der Markt ist fragmentiert. Es gibt keine Einheit wie in Europa. Aber wenn man sich das Umsatzvolumen im E-Commerce in Asien insgesamt anschaut, dann überschreitet das im Jahr 2020 eine Billion Dollar. Man sieht also, es ist Potenzial da, und wenn man als globaler Player antritt, muss man Asien auf dem Schirm haben.

Du hast gerade beschrieben, wie viele Player da schon unterwegs sind, die haben doch nicht auf euch gewartet …

Timo Weber: Soweit wir wissen, gibt es unser Konzept Banking als Plattform dort nicht. Wir befinden uns aktuell aber noch in der Evaluierungsphase.

Bank und Neobank: Im Solarisbank-Headquarter in Berlin-Mitte gibt es einen Raum, der nach alter Banker-Tradition eingerichtet ist … (Foto: Jan Michalko)

Was ist der Zielmarkt? Was ist die Zielgruppe und welches Produkt bieten wir an?

Roland Folz: Die Solarisbank wurde von vornherein als globales Projekt aufgesetzt. Der erste Schritt war Europa, wo wir mit unseren Gründungsinvestoren als Partner gut aufgestellt sind. Asien ist der logische zweite Schritt, der insbesondere durch SBI an Dynamik gewinnt. Auch Amerika ist für uns im Fokus. In der nächsten Kapitalrunde werden wir versuchen, einen Investor aus Amerika zu gewinnen.

Wie wollt ihr in Asien vorgehen?

Timo Weber: Das Setup wird ein Joint Venture sein. SBI wird 60 Prozent daran halten, die Solarisbank 40 Prozent. SBI hat viel Erfahrung mit Joint Ventures dieser Art. Die funktionieren auch alle sehr gut. Deswegen glauben wir, dass wir eine sehr gute Ausgangslage haben.

Wie ist der Zeitplan?

Roland Folz: Unser Plan sieht vor, dass wir 2018 erste operative Schritte in Asien machen. Das Setup wird nicht viel anders sein als hier in Deutschland. Aber wir brauchen einen Partner vor Ort, der eine Banklizenz hat.

Ihr werdet dort keine beantragen?

Roland Folz: Nach heutigem – also im idealen – Szenario finden wir einen Partner, der die Banklizenz schon hat. SBI ist in Banken investiert, die man sicherlich in Erwägung ziehen kann. Aber das ist nur eine Möglichkeit.

… Gearbeitet wird aber wie in jedem anderen Startup. (Foto: Jan Michalko)

Wenn jemand gerne eure Plattform kaufen oder mieten möchte, was sagt ihr?

Roland Folz: Das schauen wir uns an. Wir sind schon in konkreten Gesprächen. Aber es gibt technische und auch vertragliche Herausforderungen. Wir wollen uns nicht selbst Konkurrenz schaffen.

Timo Weber: Wir versprechen unseren Partnern, dass wir sie auf der Plattform nicht selbst kannibalisieren, indem wir an Endkunden herantreten. Also müssen wir auch zusehen, dass wir uns nicht kannibalisieren, indem wir anderen Großbanken oder anderen digitalen Playern unsere gesamte Middleware zur Verfügung stellen.

„Als Privatkunde kannst Du heute schon eine Kontoeröffnung völlig automatisiert abschließen. Im Firmenkundenbereich ist das immer noch ein langwieriger Prozess, den wir digitalisieren wollen.

Was habt ihr noch in der Pipeline?

Roland Folz: Ein Produkt für kleinere und mittlere Firmenkunden. Da geht es insbesondere um Legitimations-Prozesse des Kunden. Als Privatkunde kannst du heute schon eine Kontoeröffnung völlig automatisiert abschließen. Im Firmenkundenbereich ist das immer noch ein langwieriger Prozess, den wir digitalisieren wollen.

Es sieht so aus, als ob nach den vielen Banking-Apps für Privatkunden jetzt vor allem neue Lösungen für Geschäftskunden entstehen. Wie entwickelt sich der Markt?

Timo Weber: Die B2B-fokussierten Unternehmen haben im Moment ein ziemliches Momentum am Markt. Wenn du nach dem Trend fragst, der geht in Richtung B2B-Geschäftsmodelle.

Wie geht es mit euch weiter?

Roland Folz: Auf der personellen Ebene haben wir heute 90 Mitarbeiter, zum Jahresende werden wir etwa 130 haben.

Wie ist es, wenn man nach Jahren bei DAB, Hypovereinsbank, Mercedes-Benz, Deutscher Telekom und Deutscher Bank nun bei einem Startup einsteigt?

Roland Folz: Für mich war es eigentlich nicht nur ein Coming-home, denn ich habe ja bereits zuvor Banken aufgebaut, sondern auch eine klare Entscheidung. Als CEO eines Tech-Unternehmens mit Banklizenz kann ich meine vielfältigen Erfahrungen am besten einbringen. Banking-as-a-Platform ist ein spannendes Zukunftsmodell, das ich gerne mitgestalten möchte und in das ich auch investiere. Dabei reizt mich nicht nur das erfolgreiche Geschäftsmodell, sondern auch unser starkes Team bei der Solarisbank.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

ROLAND FOLZ UND TIMO WEBER

Roland Folz ist Vorstandschef der Solarisbank. Er hat mehr als 25 Jahre Erfahrung im Banking- und Finanzsektor und Expertise im Mobilitäts- und Telekommunikationsbereich. Timo Weber ist Vice President und verantwortet die strategische Ausrichtung sowie die globale Expansion der Solarisbank.