Craft Beer:

Fragen an Oli Lemke vom Brauhaus Lemke

03/01/2018
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Was sind die heutigen Herausforderungen für einen Brauer und wie verändert sich der Markt?

Oliver Lemke: Die mediale Aufmerksamkeit für das Thema „Craft“ hat den Markt geöffnet. Dadurch ist es für uns einfacher geworden, die eigenen Produkte im Lebensmitteleinzelhandel oder bei den Zwischenhändlern zu positionieren. Ansonsten sind es vor allem die Regularien, die unsere Arbeit erschweren und Gewinne schmelzen lassen. Die Inflation bei den Bau- und Lohnkosten macht es zudem sehr schwer, noch rentabel zu arbeiten. Beide Faktoren werden zukünftig zu erheblichen Preisanstiegen für die Konsumenten führen.

Zur Zeit starten viele neue Brauereien. Rechnest du auch mit einem Brauerei-Sterben der etablierten?

Oliver Lemke: Das Brauerei-Sterben hat ja schon vor vielen Jahren stattgefunden. Der Ausstoß der neu gegründeten Brauereien ist so minimal, dass er den Großen auf absehbare Zeit nicht schaden dürfte. Im Gegenteil: Eine steigende Wertigkeit des Produktes Bier in den Augen des Konsumenten sollte dazu führen, dass auch die etablierten Brauer wieder vernünftige Preise für ihre Produkte verlangen können und somit auch deren Überleben sichern.

Beim Oktoberfest steigen die Bierpreise jedes Jahr. Bei den sogenannten Fernsehbieren stagnieren sie. Wie ist die Situation im Einkauf?

Oliver Lemke: Die Bierpreise in Deutschland, gerade im Bereich Flaschenbier sind ein Skandal. Produktionsaufwand und Kapitaleinsatz für die Produktionsmittel stehen im im Vergleich zu anderen Getränken in keiner Relation. Eine Preiskorrektur ist dringend erforderlich. Die inflationäre Preisentwicklung im Einkauf zeigt das umso dringlicher.

Infografik: Entwicklung der Bierpreise in Deutschland | Statista Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Hat Craft Beer das Potenzial zur Tradition?

Oliver Lemke: Die Brewers Association, die „Erfinder“ des Begriffs „Craft“, definiert diesen eindeutig mit starkem Fokus auf Handwerk und Regionalität, aber zum Beispiel auch Kreativität. Das entspricht im Wesentlichen der Art und Weise, wie die meisten kleinen und mittelständischen deutschen Brauer ohnehin arbeiten. Im Grunde handelt es sich somit lediglich um eine Entwicklung zurück zu den Ursprüngen des Bierbrauens, gewürzt mit einer Prise zusätzlicher Kreativität. Neu und sehr erfreulich ist die mediale Aufmerksamkeit, die das Thema Bier mit dem Aufkommen des Begriffs „Craft“ wieder genießt. Ich gehe davon aus, dass sich „Craft“ dauerhaft als Marktsegment etablieren wird.

Person: Oliver Lemke, Gründer, Inhaber und Geschäftsführer
URL: lemke.berlin
Gründung: 1999 mit Lemkes Spezialitäten- Brauerei, Brauhaus am Hackeschen Markt
Mitarbeiter: 12
Biere im Sortiment: 8