DB Digital Ventures und Redstone:

„Wir öffnen Startups viele Türen“

18/01/2018
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„Wir sind die Schnittstelle zwischen Corporates und Startups“

Julius, was ist das Konzept von Redstone?

Julius Bachmann: Wir sind die Schnittstelle zwischen Corporates und Startups. Redstone wird von Startups als Investor und von Kunden als Dienstleister, der für Corporate-Ventures-Fonds arbeitet und sie mit Startups zusammenbringt, wahrgenommen. Redstone unterstützt Corporates dabei, ihre Corporate-Venture-Capital-Aktivitäten in das richtige Setup zu bringen und übernimmt zum späteren Zeitpunkt auch das Fondsmanagement. Deutsche Bahn Digital Ventures ist einer unserer Kunden im Bereich Mobility, Transport und Logistik.

Redstone hat eine Art Blaupause für verschiedene Unternehmen entwickelt, oder?

Julius Bachmann: Es gibt einen sehr rudimentären Prozess, aber eine Blaupause funktioniert da nicht, weil jedes Unternehmen seine eigene Strategie hat. Darauf stellen wir uns ein. Was wir machen ist customized.

Boris, warum seid ihr von Deutsche Bahn Digital Ventures zu Redstone gegangen?

Boris Kühn: Deutsche Bahn Digital Ventures gibt es seit November 2016. Bevor wir losgelegt haben, haben wir uns im Markt umgehört, wer uns in der Ramp-up-Phase unterstützen kann. Da ist uns Redstone von Marktteilnehmern wärmsten empfohlen worden. Wir sind zwar eine eigene Gesellschaft, aber Teil eines großen Konzerns. Um schnell Fahrt aufzunehmen, haben wir Redstone als Verstärkung an Bord geholt.

Von wem ging der Impuls aus, einen Corporate-Venture-Fonds zu gründen?

Boris Kühn: Der Impuls kam aus dem Vorstand. Wir haben das Thema lange diskutiert. Wir haben auch vorher in Startups investiert – allerdings aus dem M&A-Bereich heraus. Aufbauend auf einer detaillierten Marktanalyse haben wir letztlich vom Vorstand ein klares Mandat bekommen, diesen Fonds aufzubauen mit einem Commitment von 100 Millionen Euro für Startup-Investments bis 2019.

Julius Bachmann: Das ist typischerweise, was in der Industrie passiert: Erst muss der Vorstand verstehen, dass das eine weitreichende strategische Entscheidung ist. 100 Millionen Euro ist wirklich ein großes Commitment. Dann arbeiten wir mit dem strategischen Stab und mit der M&A-Abteilung zusammen, um alles in eine Struktur zu gießen.

Wie ist der Fonds angelegt, arbeitet er strategisch oder geht es allein ums Geldverdienen?

Boris Kühn: Die Ausrichtung ist vorwiegend strategisch, das Ziel, die Innovationskraft der Deutschen Bahn zu stärken und zugleich zu beschleunigen. Vor dem Hintergrund liegt unser Fokus zunächst darauf, interessante Startups zu finden, die im Mobilitäts-, Logistik- oder Smart-City-Bereich unterwegs sind. Diese Startups sollten weit genug vom Kerngeschäft entfernt sein, sie sollten aber durchaus an einer Technologie oder an einem Produkt arbeiten, die in drei, vier, fünf Jahren sehr wohl für die DB relevant sein können. Wir sind nicht der vorgelagerte M&A-Arm, sondern verfolgen einen klassischen Venture-Capital-Ansatz. Wir gehen Minderheitsbeteiligungen ein und beteiligen uns zusammen mit anderen Investoren an den entsprechenden Unternehmen. Unser Plus dabei ist, dass wir im Austausch zwischen dem Konzern und den Startups die Innovationskraft auf beiden Seiten beflügeln können. Die Startups profitieren dabei von unserem internationalen Netzwerk, bekommen den Zugang zu unseren Fachexperten, zu verschiedenen Märkten und ausgewählten Daten. Wir können den Startups sehr viele Türen öffnen und deren Entwicklung aktiv unterstützen. So entsteht für Konzern als auch Startup eine Win-Win-Situation.

Mit Redstone als Partner will DB Digital Ventures Fahrt aufnehmen (Bild: Philipp Primus)

Julius Bachmann: Das ist genau die Kombination, die wir suchen. Wir arbeiten mit sehr vielen Startups und mit verschiedenen Fonds zusammen. Von den Corporates kommt das Branchen-Know-how. Die Personen, die in dem Corporate-Venture-Arm sitzen und die den Konzern sehr lange kennen, bringen ihre umfangreiche Erfahrung ein und die Power, zum Beispiel beim Vertrieb und bei der Pressearbeit. Das ist wertvoll für die Portfolio-Firmen. Von unserer Seite kommt das Element Aufbau der Ventures. Die Redstone-Partner sind seit 15, 20 Jahren im Ökosystem. Sie sind selbst Gründer und Investoren und wissen, wie man Firmen aufbaut. So ergänzen wir uns ausgezeichnet.

Die Deutsche Bahn hat den Accelerator DB Mindbox, die Plattform Beyond1435 und den VC-Fonds. Gibt es eine übergeordnete Strategie?

„Alles ist Teil eines Ökosystems, der den Kern unserer Digitalisierungsstrategie bildet“

Boris Kühn: Das kann man im Lebenszyklus gut erklären. Der DB Accelerator in der DB Mindbox spürt Leute mit guten Ideen auf. Da reden wir oft noch nicht von einer eigenen Firma, sondern über Gründer in einer frühen Phase. Es geht darum, mit neuen Ideen die Produktwelt der DB weiterzuentwickeln. Beyond1435 ist der Anlaufpunkt für innovative, disruptive Tech-Startups abseits des Kerngeschäfts, die gemeinsam mit der Deutschen Bahn und unseren Partnern ihre Projekte im Markt etablieren und weiter wachsen wollen. Wir arbeiten sehr eng mit diesen Kollegen zusammen. Allerdings kommt der Fonds erst dann ins Spiel, wenn es um eine konkrete Beteiligung geht. Das heißt, im Lebenszyklus setzt der Fonds da an, wo Beyond1435 aufhört. Alles ist Teil eines Ökosystems, der den Kern unserer Digitalisierungsstrategie bildet.

Julius, ist das aus eurer Sicht empfehlenswert?

Julius Bachmann: Solange diese Unternehmen, die aus dem Accelerator kommen, von der Qualität her in den Dealflow passen, macht das Sinn. Wenn man aber aus politischen Gründen in ein Startup investiert, weil es aus dem eigenen Accelerator kommt, dann ist das schwierig. Aber so lange das ein gutes Unternehmen ist, gibt es keinen Grund, warum das nicht so sein sollte.

Boris Kühn: Wir machen da keinen Unterschied. Wenn wir mit dem DB Accelerator zusammenarbeiten, haben wir den Vorteil, dass wir sehr frühzeitig mit den Unternehmen in Kontakt sind. Wenn wir uns entscheiden sollten, in das Unternehmen zu investieren, dann ist unser Qualitätsanspruch genauso hoch wie bei einem externen Startup. Es muss zu unserer Investment-Policy passen, der Reifegrad des Produktes oder der Technologie muss stimmen.

Wie weit über die Schiene hinaus investiert die Deutsche Bahn?

„Wir begreifen den Mobilitätsmarkt weitreichend“

Boris Kühn: Wir begreifen den Mobilitätsmarkt weitreichend und schauen uns an, was links und rechts vom typischen Bahn- und Busverkehr relevant ist. Wir haben Ende Oktober Deutschlands ersten autonomen Bus im öffentlichen Straßenraum gestartet. Wir haben in den USA in Connected Signals investiert, ein Startup im Bereich Smart City, welches mithilfe von künstlicher Intelligenz die Rot- und Grünphasen von Ampeln zur optimalen Steuerung von Verkehren für einzelne Autos, autonom fahrende Flotten oder ganze Städte entwickelt. Am Ende des Tages werden wir über die intelligente Vernetzung von Mobilitätsketten sprechen. Da gehören Schiene und Bus genauso dazu wie der Individualverkehr. Gerade in Richtung autonomes Fahren wird der Kunde der Bahn künftig erwarten, dass wir das intelligent vernetzen. Das heißt im Umkehrschluss, wir investieren – teilweise gemeinsam mit den Autoherstellern. Da gibt es Überschneidungen.

Wenn immer mehr Corporates VC-Fonds auflegen, ist dann zu viel Geld am Markt, sodass die Qualität der finanzierten Startups sinkt?

Julius Bachmann: Ich glaube, ein Startup entscheidet sich nicht wegen des Geldes dafür, ein Investment von einem Corporate anzunehmen. Es ist so viel Geld im Markt, dass man wählen kann. Die Firmen, in die wir investieren möchten, sind alle so gut, dass sie von überall Geld bekommen würden. Es geht um mehr als Geld: um das Branchenverständnis, Vertriebspower und so weiter.

Würdest du dir wünschen, dass die Deutsche Bahn bei ihren Investments noch mutiger ist?

Julius Bachmann: Wenn man sich das Portfolio der Deutschen Bahn anschaut, dann sind dort Investments dabei, die vom Risikoprofil durchaus Investments von international agierenden VC-Fonds entsprechen. Die Bahn hat ein tiefes Verständnis ihrer Industrie. Ich habe überhaupt keine Sorgen, dass es der DB an Mut fehlt – ganz im Gegenteil.

Was sind eure Pläne bei DB Digital Ventures?

Boris Kühn: Deutschland ist unser Heimatmarkt, aber im Hinblick auf ein ausgewogenes Portfolio wollen wir uns verstärkt im Ausland umschauen. Unser Investmentfokus liegt über Europa hinaus in den USA und Israel. In den USA werden wir uns nicht nur im Silicon Valley umschauen. Es gibt andere Hotspots wie Chicago oder Austin/Texas, die hochinteressant für uns sind. Perspektivisch möchte ich auch Asien nicht ausschließen. Wir werden uns als Fonds breiter aufstellen und uns auch personell verstärken, um das alles stemmen zu können.

Boris Kühn von DB Digital Ventures. Foto: Philipp Primus

Boris Kühn ist einer der beiden Geschäftsführer von Deutsche Bahn Digital Ventures und verantwortet als Leiter M&A auch Unternehmenstransaktionen im Bereich Logistik. Er hat einen Abschluss des General Managemant Program der Harvard Business School und in Finance von der Richmond-Universität in London.

Julius Bachmann von Redstone. Foto: Philipp Primus

JULIUS BACHMANN

Julius Bachmann ist Teil des Investment-Teams bei Redstone, wo er die Bereiche Financial Services, Real Estate und Industrials verantwortet. Vor seinem Start bei Redstone war er Associate bei Flight.vc in London. Julius wurde 2017 vom Forbes Magazin zu einem der 30 Top Finance Professionals ernannt.