Gründersprechstunde

Jens Lapinski von Techstars

03/08/2016
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Kein Bullshitting

Ich sehe bei Techstars jedes Jahr mehr als 1000 Deals und tue das schon seit mehreren Jahren. Wenn man sich Investments anguckt, dann schaut man auch auf das Wettbewerberumfeld von Startups. Wenn man das für ein paar Jahre gemacht hat, dann kennt man die Mehrheit der Märkte. Das heißt, fast alle Deals, die man auf den Tisch bekommt, sind Variationen von Sachen, die es schon gegeben hat. Jeder Gründer muss davon ausgehen, dass jeder ernsthafte Investor sich zumindest oberflächlich in fast allen signifikanten Märkten auskennt. Trotzdem passiert es mir immer wieder, dass Gründer probieren, mir irgendeinen Unsinn über Wettbewerber zu erzählen: „Nein, gibt es nicht!“, „Die sind nicht finanziert worden!“, „Die machen doch gar nicht XYZ!“

Entweder haben Gründer keine Ahnung (schlecht), oder sie denken, ich habe keine Ahnung (auch schlecht), oder sie denken, sie müssen mir Unsinn erzählen (extraschlecht).

Nichts verstecken, Probleme aufzeigen

Es gibt in fast jeder Firma irgendwo Probleme. Als Investor bekommt man relativ schnell mit, wo es hakt. Es ist immer unglaublich ärgerlich, wenn man mit Gründern die eigentlichen Herausforderungen diskutieren will – denn nur dort kann man wirklich Mehrwert leisten –, und der Gründer probiert permanent, in Pitch Mode zu gehen und denkt, er kann die Probleme verstecken beziehungsweise wegreden. Mein Interesse evaporiert dabei innerhalb von einigen Minuten.

Insgesamt ist es doch so: Falls Ihr Gründer seid, stellt Euch vor, Ihr solltet eine mehrjährige Beziehung aufbauen zu jemandem, der auf Fragen nicht antwortet, einem Unsinn auftischt und alle Probleme versteckt. Egal was die Firma macht, würdet Ihr auch nur eine Minute darüber nachdenken, ob Ihr das Investment machen wollt? – Richtig: Nein! Wen wollt Ihr? – Jemand der schnell zur Sache kommt, ehrlich ist und sich ernsthaftes Feedback einholen will, was die Kernprobleme der Firma anbelangt.

Komm, lass uns reden!

Die ideale Office Hour (und Gott sei Dank sind die meisten so) sieht eher wie folgt aus: Man stellt sich kurz vor, erklärt, was man macht, und steigt dann in eine Diskussion über die Situation der Firma ein: Was ist gerade das Problem? Womit ringt man? Was macht einem Sorgen? Welche Lösungsansätze hat man schon ausprobiert? Was waren die Resultate? Was hat der andere schon gesehen? Was hat funktioniert? Was nicht? Warum?

[clickToTweet tweet=”„Was ich wissen will ist, warum Ihr in dem Markt gewinnen werdet“, sagt @JensLapinski #startups” quote=”„Was ich wissen will ist, warum Ihr in dem Markt gewinnen werdet.“ – Jens Lapinski”]

Jeder gute Investor kennt die Märkte, die ihn interessieren. Normalerweise braucht Ihr mir nicht zu erklären, warum der Markt interessant ist. Was ich wissen will ist, warum Ihr in dem Markt gewinnen werdet. Das erfahre ich nicht durch Pitchen, sondern im Gespräch. Nur so lernt man, wie die Gründer wirklich denken, was sie schon herausgefunden haben und wo sie gerade sind.