Unterwegs im Jahr 2030

Das sagen die Experten von Lilium und Co (Teil 1)

29/01/2019
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Daniel Wiegand, CEO Lilium GmbH

Ich bin überzeugt, dass wir vor disruptiven Veränderungen in der Mobilität und der Art und Weise, wie wir reisen, stehen: Wenn noch nicht 2030, dann spätestens in 20 Jahren, werden wir etwa ein Drittel unser Strecken in der Luft zurücklegen. Und zwar nicht nur, um in den Urlaub fliegen, sondern auch, wenn wir Freunde besuchen oder in die Oper wollen. Entweder auf mittleren Distanzen mit einem senkrecht startenden Flugzeug wie unserem Lilium Jet, oder ab etwa 1000 Kilometern mit herkömmlich startenden Elektroflugzeugen. 

Das Auto wird ein Service sein, wir werden es nicht mehr besitzen und selber nicht einmal mehr buchen. In 20 Jahren werden wir eine General Intelligence haben, die entweder auf einer Uhr sitzt, auf einem Smartphone oder sogar in implementierten Chips, die wir mit unseren Gedanken steuern. So oder so werden wir es mit superintelligenten Butlern zu tun haben. Ich gebe nur noch vor, dass ich schnell zum Beispiel nach Berlin muss, und dann sage ich noch „premium Service“, „normal“ oder „billig“, und dann bucht er mir die ganze Reise, den Zubringer-Auto-Service, den ich mag, macht Preisvergleiche und bucht den Flug.

Es wird dann völlig normal sein, dass man in jedem kleinen Ort wie eine Bushaltestelle auch einen Landeplatz hat. Die Fluggeräte werden bis zu dem Zeitpunkt eine Lärmemission wie heute ein Auto haben und in einer Flughöhe von zwei bis drei Kilometern nicht mehr zu hören sein. Der Transitverkehr der Bundes- und Landstraßen, der uns heute nervt, wird deutlich zurückgehen. Wir werden uns so nicht nur beim Reisen, sondern auch in unserem Alltag eine vollkommen neue Lebensqualität erschließen.

Daniel Wiegand © Lilium

Sabina Jeschke, Vorstand Digitalisierung und Technik Deutsche Bahn AG

Das eigene Auto hat einen großen Vorteil: Flexibilität. Es bringt mich wohin ich will, wann ich will. 2030 leistet das auch der öffentliche Verkehr. Intelligente Algorithmen verknüpfen für Wege von A nach B anbieterübergreifend alle Verkehrsmittel zu einem System und berücksichtigen dabei persönliche Gewohnheiten oder das Wetter. Schienengebundene Systeme sind aufgrund ihrer hohen Kapazität das Rückgrat – bis vor die Haustür verlängert durch autonome Elektrobusse, Pedelecs, Segways oder Flugtaxis. Flächendeckende Elektromobilität entlastet die Umwelt. Lärm, Feinstaub, verstopfte Innenstädte: Wo die individuelle Mobilität heute an ihre Grenzen stößt, haben 2030 neue Technologien, allen voran künstliche Intelligenz, umweltfreundliche Lösungen geschaffen. Um heute schon die Trends zu erkennen und die Voraussetzungen für die Umsetzung zu schaffen, beteiligt sich die DB beispielsweise an Startups, deren Ideen Schlüsseltechnologien für die Mobilität von morgen sein könnten.

Sabine Jeschke © Deutsche Bahn/ Max Lautenschläger

Frank Höfler, Professor für Mobilitätsplanung an der BTU Cottbus-Senftenberg

Gerade besucht mich meine Tochter Melinda. Es ist schönes Wetter, wir gehen spazieren. Viele Leute sind nicht unterwegs, nur einige AUTOs surren unaufdringlich vorbei. Eines stoppt am Straßenrand. Ein Bekannter steigt aus, winkt uns freundlich und verschwindet in seinem Haus. Das AUTO fährt leer weiter, aber die rote Statusleuchte zeigt, dass es nicht verfügbar ist. Irgendwo in der Nachbarschaft wartet jemand schon auf seine Fahrtmöglichkeit. Unterwegs fragt Melinda unvermittelt: „Papa, was ist ein Parkplatz?“ Ich bin überrascht von der Frage, aber sie war vorher bei Opa, und sie hatten dort alte Fotos angeschaut. Ich erinnere mich, dass Opa früher selbst mit seinem eigenen Kraftfahrzeug in die Stadt fuhr. Dort kam es immer zu stressigen Situationen, bis endlich ein Platz gefunden war, wo er sein Fahrzeug abstellen konnte. Er nannte das „Parken“ und das war oft sehr teuer. Mich schaudert bei dem Gedanken, ein AUTO selbst fahren zu müssen – welch eine Gefährdung und Zeitverschwendung. Gut, dass ich vom AUTO abgeholt und zum Ziel gebracht werde. Ach so, die Frage: Parkplätze gibt es in der Stadt nicht mehr. Den Platz kann man besser nutzen.

Frank Höfler © privat
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