Deutsche-Börse-Manager Eric Leupold:

„Was in Frankfurt noch fehlt, sind mehr Fintechs“

16/02/2017
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Herr Leupold, warum interessiert sich die Deutsche Börse für Startups?

Eric Leupold: Unternehmensgründungen sind ein wichtiger Faktor, um die deutsche Wirtschaft voranzubringen. Seit dem Jahr 2001 haben wir zu wenige Börsengänge gesehen – vor allem im Technologiebereich. Es ist schade, dass es hierzulande nicht gelungen ist, Unternehmen wie Google, Facebook oder Apple hervorzubringen. Alle Beteiligten in Deutschland müssen mehr tun, um die Rahmenbedingungen zu verbessern und für eine ausreichende Finanzierung junger Unternehmen zu sorgen. Hinzu kommt, dass es in Frankfurt inzwischen nicht mehr so leicht ist, junge Talente für uns zu gewinnen. Wir als Deutsche Börse wollen hier vor Ort etwas bewegen, daher fördern wir neue Technologien und Karrieremöglichkeiten – gerade durch Startups.

Wie arbeiten Sie zusammen?

Eric Leupold:Wir haben mit dem Deutsche Börse Venture Network eine Plattform gegründet, auf der wir junge Wachstumsunternehmen mit internationalen Investoren zusammenbringen. Mit dem Service Venture Match haben wir kürzlich die Möglichkeit geschaffen, Early-Stage-Unternehmen bei Finanzierungsrunden zu unterstützen. Dafür haben wir viele Anfragen. Beim Deutschen Eigenkapitalforum gibt es einen eigenen Venture Day, auf dem Startups pitchen und mit unterschiedlichen Investoren zusammentreffen – von Familiy Offices über Asset-Manager bis zu Pensionskassen. Im April haben wir zudem unseren Fintech Hub eingerichtet, der einige Gründer erst nach Frankfurt gezogen hat. Und wir sind Sponsor des neuen Techquartiers.

„Der Neue Markt war sehr technologielastig und daher sehr anfällig für Krisen dieser Branche“

Im März führt die Börse ein neues Segment für kleinere und mittlere Unternehmen ein. Warum hat das so lange gedauert?

Eric Leupold:Das hat es nicht. Wir haben uns bewusst zunächst für das Venture Network entschieden, denn ein neues Segment allein löst die Finanzierungsprobleme nicht. Und auf jeden Fall wollten wir den – oft geforderten – zweiten Neuen Markt vermeiden. Der Neue Markt war sehr technologielastig und daher sehr anfällig für Krisen dieser Branche. Das neue Segment wird breit aufgestellt sein – von Software- über Automobilindustrie, Bio- und Medizintechnik bis zu Finanzdienstleistungen.

Was wollen Sie damit erreichen?

Eric Leupold:Wir möchten damit die Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen aller Branchen verbessern und den Unternehmen mehr Visibilität gegenüber Investoren verschaffen. Dazu zählen etablierte Unternehmen, die zum Beispiel vor aktuellen Herausforderungen wie der Industrie 4.0 stehen, das können aber auch Wachstumsunternehmen sein. Neu in diesem Segment sind eine Reihe von Services wie ein unabhängiges Research für jedes Unternehmen, das wir auch bezahlen werden. Wir bringen die Unternehmen zudem mit erfahrenen Kapitalmarktpartnern zusammen, die sie auch nach dem IPO eng begleiten. Langfristig denken wir auch an neue Indizes, die weitere Aufmerksamkeit und zusätzliches Kapital bringen werden.

Welche Rolle wird das Deutsche Börse Venture Network künftig spielen?

Eric Leupold:Die vorbörsliche Plattform läuft losgelöst vom neuen Börsensegment. Hier wollen wir starke Netzwerke bilden zwischen Unternehmen und Investoren. Es ist wichtig, dass die Finanzierung von Startups auch in späteren Phasen noch funktioniert. Bisher ist uns das gut gelungen. Das Venture Network wird weiter wachsen, wir wollen noch mehr ausländische Unternehmen und Investoren für die Plattform gewinnen. Unser Ziel ist es, das größte europaweite Netzwerk von Startups und Investoren zu werden.

Wie beurteilen Sie die Frankfurter Fintech-Szene?

Eric Leupold:Als die Idee aufkam, Fintechs in Frankfurt zu fördern, haben wir quasi bei null angefangen. Aber es besteht eine gute Basis in Frankfurt, denn es sind alle wichtigen Akteure der Finanzwirtschaft zu diesem Thema vertreten. Inzwischen haben ja auch alle ihre Verbindungen in die Startup-Szene geknüpft.

Was muss am Standort besser werden?

Eric Leupold: Was noch fehlt, sind mehr Fintechs. Es gibt etwa 80 in der Region, es sollten aber eher 200 bis 250 sein. Wir müssen weiter für direkten Austausch untereinander und mit den großen Kunden sorgen. Aber dafür haben wir ja jetzt auch das Techquartier.

Das Gespräch führte Corinna Visser

[td_block_text_with_title custom_title=”ERIC LEUPOLD”]Eric Leupold ist seit 2009 für die Gruppe Deutsche Börse tätig. Seit Mai 2016 leitet er die Abteilung Pre-IPO & Capital Markets, wozu Deutsche Börse Venture Network und der Fintech Hub gehören.