Craft Beer:

Stimmen aus dem Off

09/01/2018
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Marc-Oliver Huhnholz, Pressesprecher, Deutscher Brauer-Bund e. V. Marc-Oliver Huhnholz, Pressesprecher,
Deutscher Brauer-Bund e. V. (Bild: Christian Thiel/Marc-Oliver Huhnholz)

„Die deutschen Brauer sehen Craft-Biere als Bereicherung. Viele der Mitgliedsbrauereien des Brauer-Bundes – kleine, mittlere wie große Betriebe – sind erfolgreich im Craft-Segment unterwegs, zum Teil schon seit vielen Jahren. Wir sehen in Deutschland und Europa eine Entwicklung, von der alle Brauer profitieren: Craft gibt den Brauereien die Chance, Braukunst, Braukultur und Biervielfalt wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken, die Wertigkeit des Genussmittels Bier zu steigern und neue Konsumentenkreise zu erreichen. Wir schätzen, dass es allein in Deutschland mittlerweile rund 6.000 verschiedene Biermarken gibt, wobei das Pils mit über 50 Prozent Marktanteil in der Beliebtheit der Verbraucherinnen und Verbraucher unangefochten auf Platz eins steht, gefolgt von den Sorten Export- und Weizenbier.

„Deutsche Biertrinker könnten rein rechnerisch mehr als 15 Jahre lang jeden Tag ein anderes Bier probieren“

Wenn neuerdings immer mehr hopfen- und malzbetonte, aromaintensive Biere als „Craft-Biere“ die deutsche Biervielfalt bereichern, wird damit der seit jeher vielfältige Biermarkt noch facettenreicher. Tatsache ist: Nirgendwo ist der Biermarkt so abwechslungsreich wie in Deutschland, in keinem anderen Land haben die Verbraucherinnen und Verbraucher eine größere Auswahl. Deutsche Biertrinker könnten rein rechnerisch mehr als 15 Jahre lang jeden Tag ein anderes Bier probieren. Es gibt tief in Bayern Familienbrauereien, die seit Jahrhunderten brauen und nun auch erfolgreiche Craft-Biere anbieten. Und es gibt Familienbrauereien, die einmal ganz klein angefangen haben und heute ihre nationalen Marken im Fernsehen bewerben. Die deutsche Brauereilandschaft und die regionalen Biermärkte sind so bunt wie nie zuvor. Wir sollten diese Biervielfalt genießen statt zu versuchen, sie in Schablonen zu pressen.“


Oliver Wesseloh, Geschäftsführer, Kehrwieder Kreativbrauerei Oliver Wesseloh e. K. Oliver Wesseloh, Geschäftsführer,
Kehrwieder Kreativbrauerei Oliver Wesseloh e. K. (Bild: Julia Schwendner)

„Wir kreativen Brauer verzeichnen Wachstumsraten, von denen die großen Brauereien nur träumen können“

„Wir leben Bier, beschäftigen uns den ganzen Tag damit und haben auch schon alle unsere Freunde „versaut“ – ein Fernsehbier rühren die auch nicht mehr an. Die mediale Aufmerksamkeit ist groß und endlich wird wieder positiv über Bier berichtet, Bier ist wieder in aller Munde. Wir kreativen Brauer verzeichnen Wachstumsraten, von denen die großen Brauereien nur träumen können, denn der Gesamtmarkt schrumpft seit Jahren. Dennoch werden wir mit unseren kreativen Bieren auch langfristig nur einen verhältnismäßig kleinen Anteil des deutschen Biermarktes einnehmen – dieser ist dafür aber umso lukrativer, wie ein Blick in die USA zeigt, die uns in Sachen Biervielfalt um Jahrzehnte voraus sind. Hier liegt der Marktanteil der Craft Breweries bei 12,3 Prozent Marktanteil, deren Umsatzanteil bei 21,9 Prozent.

„egal ob beim Bier oder auch beim Kaffee, bei der Schokolade oder beim Fleisch, wächst die Gruppe derjenigen, die finden, dass Geiz nicht geil ist“

Eine Entwicklung, von der alle Beteiligten profitieren: Die Lieferanten freuen sich, dass ihre Rohstoffe wieder wertgeschätzt werden und über Aroma und Qualität gesprochen wird, statt über Menge und Preis; wir Brauer können ohne Kompromisse handwerklich brauen, was uns gefällt; die Händler, die am Verkauf einer herkömmlichen Kiste Bier schon lange nichts mehr verdienen, sie haben an einer Flasche Kreativbier den gleichen Stücknutzen wie an einer Kiste Fernsehbier; und last but not least natürlich und vor allem die Konsumenten, die keinen billigen Einheitsbrei wollen, sie haben eine Auswahl spannender Produkte, die sie nach ihren Bedürfnissen und Gelegenheiten auswählen können. Auch wenn die große Masse vermutlich immer über den Preis die Kaufentscheidung trifft, egal ob beim Bier oder auch beim Kaffee, bei der Schokolade oder beim Fleisch, wächst die Gruppe derjenigen, die finden, dass Geiz nicht geil ist und die sich wieder damit auseinandersetzen, was sie zu sich nehmen und wie, womit und unter welchen Bedingungen die Produkte hergestellt werden.“