Andrew Goldstein:

Digitale Transformation erfolgreich umsetzen

05/04/2018
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Welchen Stellenwert hat Digitale Transformation bei Deloitte?

Andrew Goldstein: Digitalisierung ist der Beginn einer neuen Ära und steht noch ganz am Anfang. Bei den Konsumenten hat eine gewaltige Transformation stattgefunden, wir sprechen vom „mobile empowered endconsumer“. Das hat alles grundlegend verändert. Genauso wie wir als Verbraucher nicht mehr länger als eine Stunde oder maximal einen Tag auf unsere Online-Bestellung warten wollen, wollen Unternehmen und Geschäftsleute heute nicht mehr länger auf die Vorteile warten, die sie sich durch den Prozess der Digitalen Transformation erhoffen. Gleichzeitig sind Unternehmen heute dazu gezwungen, Veränderungen einzuleiten, um weiter mithalten zu können.

Wir bei Deloitte sehen, dass Digitale Transformation in gleichberechtigten Schritten stattfinden muss, um zu funktionieren. Zum einen muss das Kerngeschäft digitalisiert werden, zum anderen müssen schrittweise neue, disruptive Geschäftsmodelle aufgebaut werden.

Das passiert nicht über Nacht: Der Digitalisierungsprozess dauert einige Jahre

Welche Erfahrungen machen Sie in der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen. Gibt es noch Skeptiker?

Andrew Goldstein: Seit zwei Jahren haben wir eigentlich keinen Kunden mehr, dem nicht klar ist, wie wichtig Digitale Transformation ist. Die Frage, ob Digitalisierung Sinn macht oder nicht wird nicht mehr gestellt. Es geht vielmehr darum, wie genau Digitale Transformation umgesetzt werden kann. Und darauf konzentrieren wir uns gerade. Natürlich passiert das nicht über Nacht, der Digitalisierungsprozess dauert einige Jahre.

Wichtiger Aspekt für den Digitalisierungsprozess: Firmenkultur neu ausrichten

Wir versuchen den Prozess auf mundgerechte Stücke zu zerteilen, die eine Firma verdauen kann. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, die jeweilige Firmenkultur neu auszurichten und eine neue Art des Zusammenarbeitens zu schaffen.

Welche Rolle spielt dabei die Zusammenarbeit mit Startups?

Andrew Goldstein: Es gibt drei Möglichkeiten, wie Unternehmen Startup-Kultur für sich nutzen können. Sie können ein eigenes Startup gründen, sie können als Partner fungieren oder ein Startup kaufen. Für alle drei Optionen sollte es eine festgelegte Finanzierung geben. Erfahrungsgemäß liegen diese Ausgaben bei etwa 0,5 bis 1 Prozent des Betriebseinkommens, wenn man davon ausgeht, dass eine durchschnittliche Firma etwa 2 bis 3 Prozent für Forschung und Entwicklung ausgibt. Tatsächlich sehen wir am Markt, dass viele Firmen eine eigene Abteilung für Startups ins Leben rufen und auch Startups kaufen. Die größten Chancen liegen aber in Partnerschaften zwischen Startups und Unternehmen. Warum? Die Kosten hierfür sind deutlich niedriger und das Unternehmen kann sich die Zeit nehmen, neue Technologien kennenzulernen, zu verstehen und auszuprobieren, ob die Unternehmenskultur des Partners mit der eigenen zusammenpasst und ökonomischen Mehrwert mit sich bringt.

Arbeitet Deloitte derzeit mit einem Startup zusammen?

Andrew Goldstein: Ja, Cobrainer etwa. Sie nutzen AI, um dir zu sagen, wo genau das Talent in deiner Firma sitzt. Als großes Prüfungs- und Beratungsunternehmen hast du oft das Problem, dass du ein Projekt bekommst und nicht weisst, wo du die Leute findest, die das richtige Know-how dafür haben. Wenn du es in Cobrainer eingibst, erhält du eine Liste mit allen Leuten, die für dieses Projekt am geeignetsten sind. 

Wie kann ich das richtige Startup für mein Unternehmen finden?

Andrew Goldstein: Veranstaltungen wie die Startup-Woche und der NKF Summit sind natürlich wichtig und spannend. Wir bei Deloitte arbeiten selbst häufig direkt mit Startups zusammen. Es gibt verschiedene Programme, über die wir Firmen mit Startups zusammenbringen. Wir organisieren Touren, gemeinsame Pilotprogramme und haben einen Startup Landing Pad entwickelt, der Unternehmen dabei hilft, Startups zu verstehen – vor allem wenn die eigene Rechtsabteilung schon fünf Mal so groß ist wie der Startup-Partner.

Es muss eine klare Struktur geben, die Innovationen zulässt

Das wichtigste ist, dass sich das Unternehmen konsequent dazu verpflichtet, Startups in das bestehende Unternehmenssystem zu integrieren. Das ist wie bei jedem anderen Programm auch. Ich kann nicht mal schnell etwas machen und hoffen, dass es automatisch funktioniert. Es muss eine klare Struktur innerhalb des Unternehmens geben, die Innovationen zulässt. 

Wie wichtig sind Startup-freundliche Ökosysteme, wie es etwa die Wirtschaftsförderung in Düsseldorf aufbaut?

Andrew Goldstein: Ich denke, dies ist essentiell. Denn keine Firma, egal ob DAX-Firma, Mittelständler oder Kleinunternehmen, hat eine Chance, wenn sie alles im Alleingang schaffen will. Die Idee deine Kunden und Mitarbeiter in eine Community zu vereinen gewinnt an Treibkraft. Bemühungen um den Aufbau von Community und Networking, wie es in Düsseldorf, ja überall in Deutschland und auch weltweit stattfindet, werden immer wichtiger für den Erfolg der Industrie heute. 

Es geht also heute darum, sich auszutauschen und Wissen zu teilen - nicht mehr darum, sich durch Geheimhaltung einen Vorsprung zu sichern?

Andrew Goldstein: Eine Firma wie Coca-Cola wird natürlich niemals ihr Geheimrezept öffentlich machen. Es geht aber darum eine Balance zwischen intellektuellen Eigentumsrechten, die respektiert werden müssen, und einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit externen Stakeholdern zu schaffen. Dabei können vor allem Startups ein großer Boost für die Forschungs- und Entwicklungsprogramme sein. Zudem sind sie viel günstiger als firmeneigene R&D-Programme. Die Firmen, die hinsichtlich Corporate Venturing 2.0 wirklich erfolgreich sein werden, sind diejenigen, die es schaffen, Innovationen, die innerhalb des Unternehmens entstehen, auf den Markt zu bringen, gleichzeitig aber Ideen von Außen in das Unternehmen hereinholen. 

Verraten Sie uns noch, über was Sie auf dem NKF Summit sprechen werden?

Andrew Goldstein: Titel meiner Keynote ist: How to hug a Startup without crushing it. Dabei geht es vor allem darum, welche Kriterien auf Corporate Seite erfüllt sein müssen, um erfolgreich mit einem Startup kooperieren zu können. Und auch die Startups werden erfahren, was sie tun können, um eine erfolgreiche Partnerschaft mit einem Corporate aufzubauen. 

[td_block_text_with_title custom_title=”Andrew Goldstein”]Andrew Goldstein, Serial Entrepreneur & Business Angel, ist Partner im Bereich Consulting und Managing Director der Deloitte Digital GmbH. Als Mitgründer und Director der Social Entrepreneurship Akademie der vier Münchner Hochschulen, des LMU Entrepreneurship Centers und der Tochterfirma German Entrepreneurship GmbH, sowie als Mitglied des Steering Committees des German Accelerator Programms des Bundeswirtschaftsministeriums, ist er bestens in der lokalen und globalen Gründerszene vernetzt. (Foto: Deloitte)