Philipp Pausder von Thermondo:

„Wir sind ein komischer Vogel im Portfolio“

04/08/2016
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Philipp, wie lange habt Ihr bei Thermondo gebraucht, um 23,5 Millionen Euro einzuwerben?

Philipp Pausder: Es gilt der Satz: Nach der Finanzierungsrunde ist vor der Finanzierungsrunde. Man hört eigentlich nie auf, Beziehungen zum Kapitalmarkt zu pflegen. Es ist wichtig, immer im Gespräch zu bleiben – zum Beispiel auf der Noah. Der eigentliche Prozess war dann schnell: Er hat von März bis Mai gedauert.

Wie oft triffst Du Investoren?

Philipp Pausder:Die Bestandsinvestoren trifft man regelmäßig. Ich bin auch drei- bis viermal im Jahr in  London.

Habt Ihr mit allen Geldgebern gleichzeitig verhandelt?

Philipp Pausder:Idealerweise orchestriert man den Prozess als Gründer so, dass er parallel läuft. Die Termsheets, also die Angebote, sollten in einem relativ eng gesteckten Zeitraum reinkommen. Kein Investor will danach sechs oder acht Wochen warten, bevor er eine Antwort bekommt. Idealerweise bekommt man sie zur gleichen Zeit. Dann hat man als Gründer eine gute Position zu verhandeln.

Ihr habt bereits 6,4 Millionen Euro im April 2015 eingesammelt. Wohin ging das Geld?

Philipp Pausder: Wir sind ein vertikal tief integriertes Unternehmen. Das heißt, wir müssen das Unternehmen an vielen Stellen gleichzeitig aufbauen. Wir machen Leadgenerierung, Vertrieb, Software, wir bauen ein bundesweites Netz an bei uns angestellten Handwerkern auf. Die fahren alle mit von uns geleasten Autos durch die Gegend, mit Werkzeug, das wir kaufen. Hier am Standort sitzen gut 100 Leute, das ist ein Overhead, der bezahlt werden muss. Auf Baustellen-Ebene sind wir profitabel.

Wie lange muss das frische Geld reichen?

Philipp Pausder:Das liegt an uns. Die Frage ist, wie stark wir wachsen wollen. Wir haben erstmals mehr Kapital  aufgenommen, als wir auf die Sicht von zwölf Monaten brauchen werden. Wir werden nur einen Bruchteil davon in diesem Jahr ausgeben. Es gibt noch keinen Plan für die gesamten 23,5 Millionen Euro.

Einer der Investoren ist Global Founders Capital von Rocket Internet. Wie ist es, Oliver Samwer als Investor zu haben?

Philipp Pausder:Rocket Internet ist historisch groß geworden mit dem Geschäftsmodell der Inkubation. Jetzt kommt der Fonds mit 740 Millionen Dollar hinzu. Damit ist klar, dass das Modell Venture Capital immer wichtiger werden wird, also das Investieren und nicht das Gründen. Daraus ergibt sich eine andere Rollenverteilung. Dieses Unternehmen hier wurde von drei Menschen gegründet, die bis heute signifikante Gesellschafter sind. Es gibt niemanden in Europa, der mehr Erfahrung im Gründen von Unternehmen hat als Oli und Alex Samwer, die seit 16 Jahren im Geschäft sind. Oli als Sparringspartner zu haben, ist ein großer Wert.

[clickToTweet tweet=”„In Europa hat keiner mehr Erfahrung im Gründen als die Samwers.“ @Philipp_Pausder #Thermondo” quote=”„In Europa hat keiner mehr Erfahrung im Gründen als die Samwers.“ @Philipp_Pausder #Thermondo”]

Du kannst Oli Samwer bei Fragen anrufen?

Philipp Pausder:Ja klar. Er bringt die unternehmerische Betrachtung ein. Er ist ja in erster Linie Unternehmer und dann als Investor. Es ist für uns aber auch wichtig, einen Vollprofi-Investor wie Holtzbrinck Ventures an Bord zu haben, der jede Phase eines Unternehmens schon gesehen hat. Oder den Energiekonzern Eon, der sich in der Energiewirtschaft auskennt.

Warum interessieren sich Rocket und Holtzbrinck Ventures für die Installation von Heizungen?

Philipp Pausder:Richtig ist, dass wir schon ein etwas komischer Vogel im Portfolio sind. Digital-Investoren haben noch nicht besonders viele Investments gemacht, auf die sie referenzieren können, wenn sie uns  anschauen. Wir beschäftigen uns jeden Tag damit, wie die Installation von Heizungen besser funktioniert. Für die Investoren ist das etwas Neues. Aber wir haben die Traction, können zeigen, dass das Team performt. Und der Markt ist sehr groß, wobei die Kundenerlebnisse schlecht sind. Das sind Mechanismen, die ein digitaler VC versteht.

Neben Traction und Markt ist die Skalierung wichtig: Funktioniert Euer Modell auch im Ausland?

Philipp Pausder:Darum wollen wir uns jetzt kümmern. Ist es wichtig ins Ausland zu gehen? – Ja. Auf der anderen Seite arbeiten wir in der größten Volkswirtschaft Europas. Und viele sagen: ‚Wenn du es in Deutschland schaffst, schaffst du es überall.‘

Warum wollen Handwerker bei einer Firma wie Thermondo arbeiten, die irgendwas mit Internet macht?

Philipp Pausder:Es gibt eine steigende Zahl von Menschen, die verstanden haben, dass die Welt sich verändert. Und es gibt den Bedarf, etwas zu tun, das die Welt besser macht. Dass Hauseigentümer in einer sich stark verändernden Energiewelt moderne Erlebnisse und Produkte haben wollen, diese Erkenntnis haben auch Hand- werker gewonnen. In der Fachpresse wird bereits von der Thermondisierung des Handwerks gesprochen. Wir werden nur dann eine erfolgreiche Energiewen- de hinbekommen, wenn das Handwerk mitkommt. Und wir sind das beste Beispiel für ein Handwerk, das mitkommen kann. Viele wollen da dabei sein.

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Viele Handwerker haben Probleme, Nachwuchs zu finden.

Philipp Pausder:Wir bilden ab 1. September aus. Ich halte es für wichtig, dass ich als Unternehmer junge Leute ausbilde.

Wie viel Tech und wie viel Handwerk stecken in Thermondo?

Philipp Pausder:Wir haben 110 handwerklich tätige Mitarbeiter. In der IT- und in der Produktentwicklung, also Prozess und Algorithmus, sind es 25 Leute. Hinzu kommt das Performance-Marketing-Team. Wir schreiben unsere Software mit Ausnahme des CRM selbst. Unsere Projektmanagement-Software heißt Diego …

… wie Maradona?

Philipp Pausder:Genau, weil er der Regisseur ist. Unsere Bestellsoftware heißt Luise und unsere berühmteste Entwicklung ist Manfred, der Algorithmus. Er bestimmt, welche Teile gebraucht werden und damit die  Preise.

Wofür setzt Ihr das frische Kapital ein?

Philipp Pausder:Für unser Wachstum – das bedeutet mehr Menschen, mehr Autos, neue Produkte. In einigen Wochen kommt unser Leasingprodukt. Das heißt, die Heizung im Keller gehört uns, wir bewirtschaften sie für den Hauseigentümer und der zahlt dafür eine monatliche Gebühr. Und dann bringen wir noch ein Gasprodukt heraus zur Optimierung der Gasbeschaffung.

Wann expandiert Ihr ins Ausland?

Philipp Pausder:Wir haben noch kein festes Datum, aber ich gehe davon aus, dass das im kommenden Jahr passiert.

Wenn nach der Finanzierung vor der Finanzierung ist, geht es jetzt gleich weiter?

Philipp Pausder: Nein, natürlich nicht. Es ist wichtig, dass man Gespräche führt. Aber man darf als Gründer nicht  zu verliebt ins Fundraising sein. Das Produkt zu machen, ist das Wichtigste.

Wie sieht ein möglicher Exit aus?

Philipp Pausder:Mit dieser Runde haben wir ein konkretes Bild aufgegeben. Auch da bist du als Gründer gut beraten, immer auf die nächsten drei bis sechs Monate zu schauen. Natürlich musst Du ein klares Ziel haben: Wir wollen ein modernes vollintegriertes Energie- unternehmen werden, eine neue Art von Versorger in einer dezentralen Energiewelt. Unser Weg auf Produktebene ist sehr klar, uns sind auch die Haus- aufgaben immer sehr klar, die wir dezidiert für die nächsten 90 Tage aufschreiben. Darauf sollte man sich konzentrieren.

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Aber die Investoren wollen irgendwann ihr Geld plus Rendite zurück.

Philipp Pausder:Richtig, du hast als Gründer eine Bringschuld an die Investoren, dass sie irgendwann an Liquidität kommen. Ich muss das Geschäftsmodell meiner Gesellschafter respektieren, aber da gibt es viele Möglichkeiten. Entscheidend ist, dass wir die Firma in den kommenden Jahren weiter aufbauen wie bisher. Wenn uns das gelingt, ist das ein Kinderspiel. Denn dann wird es genügend Interessenten geben.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

[td_block_text_with_title custom_title=”PHILIPP PAUSDER”]Philipp Pausder ist Mitgründer und Geschäftsführer von Thermondo. Der 40-Jährige begann seine Karriere bei Adidas als Globaler Marketing Manager für Technologien. Er hat für die schwedische Strategieberatung Applied Value gearbeitet. 2009 gründete er seine eigene M&A Boutique, Clean Venture.NAME: Thermondo GmbH
GRÜNDUNG: Oktober 2012
GRÜNDER: Philipp Pausder, Florian Tetzlaff, Kristofer Fichtner
MITARBEITER: 220
STANDORT: Berlin-Mitte
SERVICE:Vermittlung und Installation von energieeffizienten Heizungen in Ein- und Zweifamilienhäusern