„Manche Investoren glauben nicht mehr an Freemium“

20/04/2016
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Thierry, Warum brauchen Game-Startups Venture-Capital?

Thierry Baujard: Erstens gibt es heutzutage weniger Publisher. Zweitens haben diese Publisher weniger Geld. Drittens wollen viele Studios unabhängig sein und ihr eigenes Projekt entwickeln. Folglich brauchen sie ihr eigenes Equity-Geld. Das ähnelt ein bisschen dem, was wir im Filmgeschäft erleben.

Warum sind Game-Startups für Investoren attraktiv?

Thierry Baujard: Der Hauptgrund ist natürlich die scalability. Games können durch Download-Plattformen wie Steam oder Apple Store weltweit sehr einfach distribuiert werden. Wir sprechen hier eher von Tablet- und PC-Games, nicht so sehr von Konsolen-Games. Auf diesen Plattformen sind die durchschnittlichen Distributionskosten günstiger als zum Beispiel bei Filmen. Ein Tablet-Game kostet zwischen 300.000 und 600.000 Euro, der Investor steuert 50 Prozent bei. Die anderen 50 Prozent kommen entweder aus öffentlichen Quellen, vom Entwickler selbst oder von einem Publisher.

Setzen Investoren eher Geld auf ganze Game-Startups oder ein einzelnes Spiel?

Thierry Baujard: Investitionen in Firmen sind interessant, genau wie slate investment, d.h. Investitionen in ein Projekt-Portfolio. Normalerweise wird nicht in einzelne Projekte investiert, weil das Risiko zu groß ist. Firmen mit mehreren Projekten sind interessant, anders als Firmen mit nur einem Projekt. Bei Mobile Games setzen Investoren ihr Geld auf die ersten drei oder vier Games. Schafft die Firma mit dem dritten Game immer noch keinen Hit, dann ist das natürlich ein Problem. Das allererste Game muss aber nicht unbedingt ein Hit werden.

Es gibt immer mehr Startups für Virtual Reality. Sind die etwas für Investoren?

Thierry Baujard: Das Problem bei VR ist: Das Geschäftsmodell ist sehr schwach. Die Brillen sind teuer und es gibt bisher nur wenige Leute, die sie besitzen. Wir brauchen mehrere Millionen Brillenbesitzer, um eine kritische Masse zu erreichen. Ich glaube, dass übliche Games für Investoren interessanter sind. Aber natürlich ist VR etwas, das man im Auge behalten sollte. Es wird zweifellos ein Erfolg werden, mit dem Funding wird es aber noch eine Weile dauern.

Setzen Investoren eher auf Freemium- oder Premium-Games?

Thierry Baujard: Diese Frage spaltet die Investoren in zwei Lager. Manche Investoren glauben nicht mehr an Freemium, weil es einfach zu viele Games gibt. Diese Investoren konzentrieren sich auf Premium-Games mit qualitativ hochwertigen Inhalten, die schon mal 4 oder 5 Euro kosten können. Indie-Entwickler sollten wirklich ganz genau wissen, wie ihr Business-Modell aussieht. Wenn sie sich für Freemium entscheiden, müssen sie viel Geld ins Marketing stecken. Sie müssen das Game in möglichst kurzer Zeit produzieren, für einen möglichst niedrigen Preis anbieten und in-app monetarisieren. Wenn sie sich aber für Premium entscheiden, müssen Story und Inhalte ausgefeilt sein. Ich glaube, dass nicht alle Entwickler wirklich verstehen, was die Wahl zwischen diesen beiden Optionen bedeutet. Manche wollen einfach nur ihr Game produzieren und interessieren sich nicht wirklich dafür, was anschließend passiert. Das ist ein Problem, denn der Investor bemerkt das natürlich.

Welche europäischen Länder bieten die besten Förderbedingungen?

Thierry Baujard: In Finland gibt es relativ viel öffentliche Förderung. Das hilft den Studios, Prototypen zu produzieren. Sie erreichen dadurch ein Stadium, in dem Investoren das Projekt begutachten und entscheiden können, ob sie Geld investieren. In Frankreich und UK genießen Startups Games Tax Credit. In UK gibt es die auch für Investoren. Deutschland hinkt da ein bisschen hinterher. Hier hat man nur Regionalförderung, außerdem sind die Förderbeträge recht gering. Auf Bundesebene fehlt eine grundlegende Unterstützung, außerdem gibt es keine Steuergutschriften. Startups haben es deshalb schwer.

Wie bereiten sich Game-Startups am besten auf einen Pitch vor?

Thierry Baujard: Startups müssen ganz genau wissen, welches der beste Investor für sie ist. Jeder Investor hat ein anderes Profil, ein anderes Ziel beim return on investment. Genau das müssen die Startups in Erfahrung bringen.

Das Gespräch führte Achim Fehrenbach.

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ist der Gründer von Media Deals, einem europaweiten Netzwerk von Privatinvestoren. Media Deals setzt seinen Schwerpunkt auf grenzübergreifende Investitionen im Mediatech-Sektor. Baujard ist auch CEO von peacefulfish, einer Finanzierungsberatung für die Kultur- und Kreativwirtschaft.