Alexander Frolov von Target Global:

„Warum zur Hölle machen die das?“

14/10/2016
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Alexander, in Portfolio von Target Global sind Unternehmen wie Delivery Hero, Gobutler, Dreamlines und Book a Tiger – klassische B2C-Marktplätze. Was macht Euch als Investor in diesem Bereich einzigartig?

Alexander Frolov: Unsere Vision ist es, einer Firma Kapital über das ganze Spektrum – Seed, Early und Later Stage – zur Verfügung zu stellen. Unser Fonds hat ein Volumen von mehr als 300 Millionen Dollar. Dadurch können wir Unternehmen mehr Kapital als andere zur Verfügung stellen – jeweils in Portionen von fünf bis 30 Millionen Dollar

Ein starkes Argument. Aber es geht doch nicht nur ums Geld?

Alexander Frolov: Nein, das ist nicht der Hauptgrund, aber es hilft. Wir bieten auch viel Wissen in verschiedenen Bereichen. Ein Partner befasst sich nur mit Fintechs. Ein anderer, Yaron Valler, hat vorher für Hasso Plattner Ventures gearbeitet und kennt sich mit SaaS und Unternehmenssoftware aus. Und da wir mit einem Bein in Israel stehen, haben wir einen guten Draht zu den hochtechnisierten Firmen vor Ort. Wir sind sehr international. Mit Dreamlines sind wir inzwischen in zehn Ländern. Delivery Hero agiert in 30 Ländern. Wir kennen die Welt, und wir helfen Firmen zu verstehen, wie Sachen funktionieren, an die sie vielleicht vorher nicht gedacht haben.

„Versicherungen sind das große Ding in den USA, und wir werden es auch in Europa sehen.“

Hilft Eure Internationalität auch bei der Kapitalbeschaffung?

Alexander Frolov: Ja. Bei Goeuro haben wir zum Beispiel Battery Ventures, NEA und kürzlich auch Goldman Sachs aus den USA an Bord geholt. Dieses Angebot, das wir Gründern machen können, unterscheidet uns von anderen.

Investoren benehmen sich oft wie Lemminge. Was wird der nächste Bereich sein, auf den sich alle stürzen?

Alexander Frolov: Interessante Frage. Ich habe vor ein paar Wochen Garrett Camp, Mitgründer von Uber, in London getroffen. Er hat gesagt: „Versicherungen!“ Versicherungen sind das große Ding in den USA, und wir werden es auch in Europa sehen. In Berlin sind wir beispielsweise Co-Investor bei Finleap und Clark, und es gibt noch weitere Startups wie Financefox und Knip. Das ist auf jeden Fall ein Bereich, den man sich anschauen muss.

Weil man das sehr einfach algorithmenbasiert machen kann. Man braucht kein Unternehmen mit zigtausend Angestellten?

Alexander Frolov: Genau. Du kannst anfangen und für Disruption sorgen. In der ganzen Branche verdienen Leute eine Menge Geld, aber die Kunden sind nicht unbedingt glücklich mit ihren Erfahrungen. Das ist eine gute Basis dafür, dass etwas passieren muss.

„Business-Kunden sind großartig, wenn man sie bekommt. Sie verdienen mehr, sie haben mehr Life-Time-Values.“

Welche Bereiche habt Ihr noch im Auge?

Alexander Frolov: Wir beobachten eine Konvergenz des Marktplatz-Modells mit Software-as-a-Service. Ein Beispiel ist unser Investment in Docplanner. Die stellen auf der einen Seite eine Plattform zur Arztwahl bereit. Zum anderen gibt es auch eine Software für Ärzte, um Patientendaten zu verwalten. Ein weiterer Trend ist B2B. Business-Kunden sind großartig, wenn man sie bekommt. Sie verdienen mehr, sie haben mehr Life-Time-Values..

Kannst Du ein Beispiel nennen?

Alexander Frolov: Wir haben vor Kurzem mit Rocket Internet und Lukasz Gadowski in den Caterer Lemoncat investiert. Caterer machen B2B-Geschäfte auf zwei Seiten – mit dem Caterer und mit dem Unternehmen, an das sie Caterer-Marketplaces-Services verkaufen. Viele Unternehmen arbeiten so. Ich bin gespannt, wie deutsche Gründer dieser Herausforderung gewachsen sind. Wenn sie es schaffen, wird es viele wertvolle Unternehmen geben.

Target Global unterhält Büros in Moskau, Tel Aviv und Berlin. Welche weiteren Hotspots sind interessant?

Alexander Frolov:Ich denke, London wird weiterhin aktiv sein. Man wird sehen, wie der Standort sich nach dem Brexit verändert. Außerdem ist Barcelona sehr aktiv, ebenso Skandinavien. Im Prinzip könnte man ein tolles Unternehmen überall in der Welt gründen.

Was mögt Ihr an Berlin?

Alexander Frolov:Wir hatten die Wahl zwischen Berlin und London. Berlin hat schließlich aus verschiedenen Gründen besser gepasst. Zum einen weil die Firmen, nach denen wir aus den Bereichen Business Process Innovation und B2C suchen, hier ansässig sind. In London sind es eher Unternehmen aus den Bereichen Life Science und Halbleiter, die uns nicht interessieren. Zum anderen ist die Kapitalstruktur in der Early Stage hier viel gesünder. In Großbritannien gibt es viele Steuervorteile. Man kann 100.000 Euro investieren und bekommt 100.000 Euro auf der Steuerabrechnung zurück. Das führt zu der verrückten Situation, dass Dinge gefundet werden, die nicht gefundet werden sollten.

„In London denkt man sich: Warum zur hölle machen die das?“

Ist der Markt überhitzt?

Alexander Frolov:Ja, irgendwie schon. Es ist einfach nicht gesund, was dort passiert. Die Leute, die hier investieren, sind Entrepreneure. Sie verstehen, was funktioniert oder was zumindest eine Chance hat zu funktionieren. Und deshalb ist das Umfeld in Berlin für uns als VCs, die zur Seed Stage oder später dazustoßen, wertvoller. Die Leute hier tun die richtigen Sachen. In London oder in anderen Städten denkt man sich: „Warum zur Hölle machen die das?“

Wie geht es bei Euch weiter?

Alexander Frolov:Wir stellen ein! Wir wollen unser Team erweitern.