Der Gesetzgeber muss in Sachen Mobilität einen Gang hochschalten

01/04/2017
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Der französische Fahrzeughersteller Groupe PSA hat das Mobility Startup Free2move gekauft, das Lübecker Startup Gestigon wurde vom französischen Automobilzulieferer Valeo übernommen und Intel hat über 14 Milliarden Euro für das israelische Startup Mobileye auf den Tisch gelegt. Konzerne kaufen Mobility-Startups.

Noch vor einem Jahr hieß es: „Die etablierte Automobilbranche verschläft die Automobil-Revolution“. Seinerzeit zurecht! Doch es scheint, als ob es auch die großen Fahrzeughersteller verstanden haben, dass sie sich verändern müssen, wenn sie überleben wollen. Auch die deutschen: BMW, Daimler und Volkswagen haben führende Köpfe aus der Future-Mobility-Branche angeheuert, eigene Akzeleratoren gegründet oder viel Geld in die Hand genommen um innovative Prototypen zu bauen. Sie suchen den Kontakt zu Mobility-Startups. Das ist nicht nur eine gute Nachricht für die Startups sondern vor allem für den deutschen Automobil-Standort. Fazit: Die Corporates haben es wohl verstanden. Doch wie sieht es um die Rahmenbedingungen für Future-Mobility aus? Was tut der Gesetzgeber für den Automobil-Standort Deutschland? Hat er es verstanden? These: Nein, hat er nicht. Noch nicht.

Zurück an die Spitze: VDA-Geschäftsführer Kay Lindemann, Startup-Verband-Vorstand Tom Kirschbaum und Wirtschaftswissenschaftler Professor Jörg Rocholl diskutierten am 9. März die Zukunft der deutschen Automobilbranche. (Foto: BVDS)

Der Bundesverband Deutsche Startups e. V. und der Verband der Automobilindustrie haben eine Kooperation geschlossen, um der Politik beim Verstehen zu helfen. Beide Verbände haben sich zusammengesetzt und ein Positionspapier zur Zukunft des Mobilitätsstandortes Deutschland geschrieben.

Fazit: Es gibt viele Baustellen, bei denen der Gesetzgeber aktiv werden muss: Von Personenbeförderungsgesetz und zeitgemäßen Datenschutzbestimmungen über die Anpassung des rechtlichen Rahmens zur Ermöglichung neuer Sharing Economy-Ansätze bis zur Ermöglichung von autonomen Fahren. Dies alles umzusetzen und dadurch das Automobil-Cluster Deutschland auch zukünftig wettbewerbsfähig zu halten, ist nicht unmöglich, man muss nur anfangen! Das Silicon Valley, China und zum Teil auch Israel sind uns, was die Verknüpfung digitaler Geschäftsmodelle mit dem Mobilitätsbereich angeht, womöglich etwas voraus. Doch unser Fundament, unser Cluster in der Automobilindustrie, qualitativ als auch quantitativ, ist das beste der Welt. Wenn wir jetzt die Startups ins Boot holen, werden wir schnell aufholen können.

„Die Corporates haben es verstanden. Der Gesetzgeber nicht“

Was muss passieren, damit wir aufholen und vielleicht sogar überholen? Wir müssen in Bezug auf das politische Framework einen Gang hochschalten. Wenn wir nichts ändern, kaufen ausländische Mobilitätsanbieter und Automobilhersteller unsere innovativen Startups auf und nutzen die Technologie und Geschäftsmodelle für deren Wertschöpfung. Die Dystopie könnte Wirklichkeit werden: Die deutschen Autobauer und Zulieferer werden die Foxconns der Mobilitätsanbieter aus dem Silicon Valley. Wenn sich die Politik an unseren Vorschlägen orientiert, können wir uns auch noch die nächsten 100 Jahre auf unsere Schlüsselbranche verlassen.