Nach dem Brexit:

Brickvest verlässt London

15/08/2016
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Viele hatten gehofft, sie seien vernünftig, doch die Briten wählten sich per Volksentscheid am 23. Juni trotzdem aus der EU. In den folgenden Tagen war überall zu lesen, dass dieser Ausstieg sich positiv auf die Berliner Startup-Szene wirken würde. „Startup, keep calm and move to Berlin“, warb die FDP auf mobilen Plakaten in London. 

Die britische Hauptstadt gilt als das Fintech-Zentrum Europas. Der wichtigste Grund dafür ist, dass die Financial Conduct Authority (FCA) als das Fintech-freundlichste Regulierungsorgan Europas gilt. Dank des offenen Binnenmarktes haben Startups trotzdem Zugang zu den Märkten aller EU-Staaten.

Dr. Thomas Schneider, Mitgründer von Brickvest Foto: Brickvest Dr. Thomas Schneider, Mitgründer von Brickvest
Foto: Brickvest


Auch Thomas 
Schneider hat sein Startup Brickvest wegen des günstigen regulatorischen Umfelds in London aufgebaut. Brickvest ist eine Online-Plattform für Crowdinvestments in Immobilien und bisher in Großbritannien, Deutschland, Spanien, Italien und der Schweiz aktiv. Der Brexit ist für Thomas ein Anlass, sich aus London zurückzuziehen und den Sitz der Firma nach Berlin zu verlegen. 

Was verändert der Brexit?

„Erst mal passiert noch gar nichts, weil die britische Regierung den Austritt noch nicht beschlossen hat. Aber wenn Großbritannien die EU verlässt, ist offen, welche neuen Verträge ausgehandelt werden. Es besteht das Risiko, dass wir den Zugang zum europäischen Markt verlieren“, sagt Thomas. Bisher hat die Regierung noch kein Statement abgegeben, um die Wirtschaft zu beruhigen. Die ungewissen Folgen des EU-Austritts sind für alle Unternehmen schwierig, die aus Großbritannien heraus in ganz Europa agieren. Thomas erzählt, für die Fintechs sei die Situation besonders problematisch, weil sie neue Finanzlizenzen bräuchten, sollte Großbritannien den Zugang zum Binnenmarkt verlieren. „Diese Lizenzen bekommt man nicht über Nacht. Wir brauchen dringend Antworten.“ Alternativen zu London Brickvest verlegt sein Back Office gerade nach Berlin. „Berlin ist nicht Deutschland, Berlin ist die Welt“, sagt Thomas. „Außerdem gibt es hier gute Leute und die Lebenshaltungskosten sind niedrig“. Parallel bemüht er sich um eine neue Lizenz. Allerdings nicht in Deutschland: „Kein deutscher Fintech-Gründer hat mir die Bafin empfohlen“, erzählt er. Interessant seien stattdessen Irland, Luxembourg und Frankreich. „Die Tendenz geht momentan zu Irland“.

Das Gespräch führte Anna-Lena Kümpel.

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