Elf Fragen

An den Gründer von Trade Machines

12/04/2016
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Heico, wie bist Du dazu gekommen, eine Suchmaschine für gebrauchte Maschinen zu gründen?

Trade Machines ist das Resultat eines langen und logischen Prozesses – und vor allem echter Leidenschaft. Die Produktentwicklung für das Internet ist seit Karrierebeginn mein Steckenpferd, was dann ja auch zu einigen erfolgreichen Gründungen geführt hat. Mit Trade Machines habe ich meine Affinität zum Internet einerseits und mein Studium in Maschinenbau und Verfahrenstechnik andererseits zusammenfließen lassen – und eine aktuelle weltweite Marktlücke besetzt. Denn seit etwa 2010 beschäftigen sich die Industrie-Auktionatoren in aller Welt in einer Art zweiter Digitalisierungswelle mit Online-Versteigerungen, und Händler mit Online-Werbung. Dieser Trend auf beiden Seiten beschleunigt sich derzeit weiter. Trade Machines ist hier die erste globale Anlaufstelle und trägt zu einer langfristigen Professionalisierung des Prozesses bei.

Was hast Du vor der Gründung gemacht?

Nach meiner Promotion habe ich großtechnische Anlagen bei der damaligen Hoechst AG konzipiert. In dieser Zeit habe ich auch die ersten E-Business Produkte für die Anlagen-Überprüfung programmiert und bin dann 1999 auf die anschwellende Dotcom-Welle aufgesprungen. Seitdem liegt mein Focus auf besagter Produktentwicklung für das Internet. Bei Unternehmen wie Dooyoo oder Immobilienscout24 konnte ich hierzu wichtige Erfahrungen sammeln, und mehrere erfolgreiche eigene Gründungen haben mir in der Folgezeit den notwendigen unternehmerischen Feinschliff gegeben. Dazu zählten unter anderem die Condrix GmbH, die Produktentwicklung für IT Systeme im Fokus hatte, die Firma Leanovate, die vor allem Innovationsprozesse in Startup-Umgebungen methodisch etabliert und Ticketool. Daneben habe ich mich auch anderweitig im Startup-Umfeld engagiert, zum Beispiel als Mentor im Startup Bootcamp, als Juror im Businessplan-Wettbewerb und als Business Angel. Nach dem Verkauf meines Anteils an Leanovate war dann Raum für etwas Neues – Trade Machines.

Und wie funktioniert das konkret?

Trade Machines macht einen extrem unüberschaubaren Markt transparent. Wer bislang einen gebrauchten Gabelstapler suchte, der fand beim Googlen rund 600.000 Ergebnisse. Das macht keinen Spaß und hat auch so rein gar nichts mit einem mündigem Konsumenten zu tun. Trade Machines schafft hier einen transparenten Marktüberblick, indem wir große Mengen an Angeboten übersichtlich bündeln und dem Käufer zur Verfügung stellen. Wir sind heute Weltmarktführer und quasi das Google für Gebrauchtmaschinen – ähnlich wie Trivago für Hotels. Dadurch sind wir perfekter Startpunkt für die Suche – und liefern die besten Kaufinteressenten für die Verkäufer.

Welches Geschäftsmodell steckt dahinter?

Die Geschäftsabschlüsse finden weiter zwischen dem Käufer und dem eigentlichen Abgeber statt. Wir selbst verdienen pro Interessenten, den wir einem Verkäufer „liefern“. Für diesen Verkäufer schaffen wir Mehrwert, da Käufer bei uns ja ganz gezielt nach Maschinen suchen. So können wir viel relevantere Interessenten liefern als jede andere Plattform im Internet, und das für sehr wertige Geräte. Im Vergleich zu Google Adwords etwa ist unser Traffic gleich aus drei Gründen besser: Die potenziellen Käufer kennen das Verkaufsformat; sie wissen, dass es sich um eine gebrauchte Maschine handelt; und sie haben vorab ein Foto und Informationen gesehen. Gleichzeitig kosten wir nur ein Fünftel von Google.

Wie ist Trade Machines bisher finanziert?

Mittlerweile steht unsere Finanzierung auf mehreren stabilen Beinen. Gestartet haben wir mit Eigenmitteln beziehungsweise „Friends and Family“. Dann haben wir mit etwas „Traktion“ auch Business Angels gewinnen können, unter anderem Wolfgang Heigl, Gründer von Swoodoo, und Philipp Klöckner, vermutlich Europas SEO-Guru schlechthin. Ein weiterer Meilenstein war ein IBB-Profit-Projekt, das wir gewonnen haben und das uns 750.000 Euro gebracht hat. Und dann haben wir ja im März unsere Crowdfunding-Kampagne – meines Wissens die bislang erfolgreichste Kampagne im B2B-Bereich in Deutschland – mit 775.000 Euro abgeschlossen. Unter dem Strich haben wir bis heute 3,5 Millionen Euro an Finanzmitteln eingesammelt.

Und was habt Ihr mit dem Kapital aus Eurer jüngsten Finanzierung, dem Crowdinvesting auf Companisto, vor?

Da gibt es drei Themen, die wir konsequent verfolgen. Mit Blick auf unsere Technologie wollen wir die verfügbaren Daten noch besser strukturieren, um so das Suchergebnis zu verbessern. Dann wollen wir das Produkt mit gezieltem Marketing weiter internationalisieren. Hier wollen wir unsere Präsenz in diesem Jahr von derzeit 54 Marktplätzen auf 60 ausbauen und sämtliche für den Maschinenhandel wichtigen Volkswirtschaften abdecken. Parallel dazu sind wir dabei, auch unseren Betrieb weiter zu internationalisieren. Derzeit akquirieren wir vor allem in Europa und in Nordamerika.

Welche Zielgruppe sprecht Ihr mit Trade Machines an?

Wie gesagt, wir haben sowohl die Abgeberseite als auch die Käufer im Auge. Was Branchen angeht, sind derzeit sechs Industrien besonders stark: Bau, Agrar, Metall, Holz, Gabelstapler, Lagertechnik – wobei mit Blick auf das Auftragsvolumen bei internationalen Abschlüssen die jeweilige Maschine mindestens einen Wert im vierstelligen Bereich haben sollte; sonst lohnt ein Transport nicht. Geografisch lagen die Schwerpunkte anfangs ganz klar auf Europa und Nord-Amerika; mittlerweile kommen Käufer aus der ganzen Welt. Die Verkäufer werden von uns per Telefon akquiriert und sind derzeit schon auf 25 Ländern verteilt.

Ihr seid also global aktiv. Wie sehen Eure Nutzerzahlen aus?

Bis heute haben rund fünf Millionen Nutzer auf Trade Machines zurückgegriffen. Über unsere Plattform sind bislang Maschinen im Wert von mehr als sieben Milliarden Dollar vermarktet worden. Aktuell haben wir 927.000 Artikel im Angebot und decken damit allein 40 Prozent der Inventarbestände europäischer Industrieauktionen ab; weltweit peilen wir bis Mitte 2016 die Zehn-Prozent-Marke an. Durch weitere Kooperationen werden wir unser Angebot in den nächsten Wochen in etwa vervierfachen.

Wer sind Eure Wettbewerber und wie grenzt sich Trade Machines von ihnen ab?

Unsere Wettbewerber sind in der Regel auf die eine oder andere Art limitiert. Entweder handelt es sich um Nischenanbieter nach Geräteart oder um im jeweiligen nationalen Umfeld operierende Anbieter. Wettbewerber mit globalem Ansatz fehlten bislang, und da liegt unser Alleinstellungsmerkmal und unser Potenzial. Wir sind First Mover in einem Markt, in dem jährlich rund 380 Milliarden Dollar bei Auktionen umgesetzt werden, das damit verbundene Marketingbudget beträgt rund neun Milliarden Dollar. Vor diesem Hintergrund ist unsere Weltmarktführerschaft noch stark ausbaubar – und genau das ist unser Ziel.

Wo wird Trade Machines in einem Jahr stehen?

Wir sind optimistisch, in gut einem Jahr profitabel zu sein. Um dies zu erreichen, haben wir unsere Technologie auf sehr stabile Beine gestellt, um zum Beispiel aus vorhandenen Daten Marktprognosen zu generieren. Und wie erwähnt, werden wir noch internationaler aufgestellt sein und unsere Marktführerschaft global nachhaltig ausgebaut haben.

Was waren für Euch die bisher größten Herausforderungen?

Am Anfang war der größte Brocken die Technik, da wir mit Freiberuflern gearbeitet haben.
Das hat sich dann geändert, und heute liegen die wichtigsten Herausforderungen in den Bereichen Personal und Marketing. Beides hat mit unserer internationalen Aufstellung zu tun, die es mit sich bringt, dass unser Team die entsprechenden Kompetenzen bietet und sich ständig weiter entwickeln muss. Da ist Offenheit gefragt, was übrigens damit beginnt, dass unsere „Amtssprache“ Englisch ist.