Stefan Wiezorek von Sandbox Interactive:

„Für Spiele-Startups ist Berlin der beste Standort“

19/09/2016
header image

Stefan, gerade werden in der deutschen Games-Industrie viele Leute entlassen. Woher kommt Deiner Meinung nach diese Krise?

Stefan Wiezorek: Viele dieser Firmen sind „one-hit wonders“. Sie haben meistens ein Spiel, das massiv durchstartet. Teilweise sorgt dieses Spiel dann für 90 Prozent des Umsatzes. Zu den vielen Entlassungen kommt es, weil die Firmen glauben, diesen Erfolg mit mehr Mitarbeitern multiplizieren zu können. Ganz nach dem Motto: Ich stelle zehnmal so viele Leute ein und verdiene dann auch zehnmal so viel Geld. Mich überrascht diese Wahrnehmung etwas: Man kann eben nicht einfach mal 300 Mitarbeiter pro Jahr einstellen und erwarten, dass das alles Top-Leute sind.

Vielleicht nicht alle. Aber ein paar dürften doch schon darunter sein …

Stefan Wiezorek: Die Spieleindustrie ist sehr idealistisch. Sandbox Interactive hatte das Glück, zwei Top-Entwickler verpflichten zu können. Sie streben hauptsächlich nach der technischen Herausforderung, die unser Produkt bietet. Genau aus diesem Grund arbeiten sie auch nicht für ein Studio, das Mobile Games oder Browsergames produziert. Für jemanden, der richtig gut ist, sind diese Spiele nämlich technologisch eher uninteressant.

Steckt hinter den Entlassungen bei den großen Studios auch eine Krise von Free-to-play?

Stefan Wiezorek: Free-to-play wird bestehen bleiben, das ist grundsätzlich schon ein gutes Geschäftsmodell. Das hochgradig erfolgreiche PC-Spiel League of Legends ist free-to-play, ebenso Hearthstone und World of Tanks. Free-to-play ist auch dann sehr relevant, wenn ein Spiel viele Teilnehmer braucht – so finden die Spieler online schneller ein Match.

Reden wir über Sandbox Interactive. Wie waren eure Anfänge?

Stefan Wiezorek: Wir haben 2012 mit drei Leuten angefangen. Ich bin durch Deutschland gereist und habe gute Entwickler gesucht, die ich für meine Idee begeistern konnte. In Berlin bin ich fündig geworden. Wir haben in einer Eigentumswohnung angefangen, die Server standen damals noch in der Küche. In dieser kleinen Eigentumswohnung saßen dann irgendwann 20 Leute, so dass man sich kaum noch bewegen konnte. Anfang letzten Jahres sind wir dann mit Sandbox Interactive in die Kulturbrauerei umgezogen. Die dortigen Räumlichkeiten sind für unsere 45 Mitarbeiter aber auch schon wieder zu klein, deshalb ziehen wir im Oktober in das Suhrkamp-Gebäude in der Pappelallee.

Was ist das Konzept von Albion Online?

Stefan Wiezorek: Albion Online ist eine moderne Interpretation von Eve Online – jedoch mit einem action-orientierten Kampfsystem, das sehr stark dem von League of Legends ähnelt. Ein Schwerpunkt von Albion Online ist die spielergesteuerte Wirtschaft. Das bedeutet: Wir liefern die passenden Werkzeuge, die Spieler gestalten damit selbst die Spielwelt. Die Kämpfe werden – wie in League of Legends – aus der Draufsicht dargestellt. Der Unterschied: Bei LoL treten zwei Fünferteams gegeneinander an, bei Albion Online sind es auch schon mal 200 gegen 200. Das ist sicherlich anspruchsvoll, funktioniert technisch aber schon sehr gut. Wir sind einer der wenigen Entwickler, die ein MOBA-Kampfsystem (Multiplayer Online Battle Arena) in einem MMO bieten.

Gerade Eve Online gilt als sehr anspruchsvolles Spiel. Soll Albion Online ebenfalls Core-Gamer ansprechen?

Stefan Wiezorek: Genau. Den Trend zur Casualisierung halten wir für falsch. Im Game-Design herrschte lange die Lehre vor, dass man Spielern keine negativen Emotionen zumuten sollte, stattdessen gab es immer mehr Belohnungen. Wenn du als Spieler aber gar nichts mehr zu verlieren hast, dann sind auch deine Errungenschaften emotional weniger wert. Dark Souls ist ein Spiel, das sich erfolgreich gegen diesen Trend zur Casualisierung stemmtt. Risk und Reward machen für mich ein MMO aus.

Stefan Wiezorek hat Sandbox Interactive GmbH im Mai 2012 gegründet. Davor war als COO bei einem großen Anbieter für E-Learing-Software tätig. Mit Albion Online möchte er dem Trend entgegenwirken, dass Onlinespiele immer einfacher werden.

Ähnliche Artikel