Im Interview

Die Gründerinnen von Outfittery

04/05/2015
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Anna und Julia, erst vor einem Jahr habt Ihr 13 Millionen Euro eingesammelt, jetzt weitere 20 Millionen US-Dollar. Wo fließt das ganze Geld hin?

JULIA BÖSCH: Im Endeffekt wollen wir mit dem Investment noch mehr Männer für unser Konzept gewinnen. Wir glauben, dass Outfittery das beste Shopping-Erlebnis für alle Männer ist. Dementsprechend arbeiten wir daran, in den Märkten, in denen wir schon sind, noch bekannter zu werden, aber auch international weiter zu expandieren. Das Bekanntmachen unseres Modells ist einfach kostenintensiv.

Wie hoch ist der Werbeanteil an Euren Ausgaben?

JULIA BÖSCH: Das können wir so nicht genau sagen.

ANNA ALEX: Es ist auch eine Frage der Möglichkeiten, die wir haben. Wir konnten jetzt noch einmal tolle Investoren für uns gewinnen, die uns sowohl mit Geld als auch mit Wissen unterstützen, und das passt sehr gut zu unseren Plänen, Outfittery noch weiter in ganz Europa – und eines Tages auch darüber hinaus – bekannt zu machen und jeden Mann das Vergnügen zukommen zu lassen, mit seiner persönlichen Stylistin einzukaufen. Allein die Tatsache, dass sie sich gegenseitig entlang aller Dimensionen konstant vergleichen können, ist ein enormer Wettbewerbsvorteil gegenüber Firmen außerhalb des Netzwerks. Wenn du als Unternehmer allein unterwegs bist, kannst du nicht in die Bücher anderer Unternehmen schauen und zum Beispiel deine Stückkosten vergleichen. Bei uns geht das. Die Firmen helfen sich gegenseitig. Das sind positive Netzwerkeffekte, keine negativen.

Ihr habt Outfittery vor gut drei Jahren gegründet. Wie seid Ihr damals auf die Idee gekommen? Durch Freunde, die Euch immer wieder um Rat gefragt haben?

JULIA BÖSCH: Klar, diese Männer im Freundeskreis kennt jeder. Ausschlaggebend aber war, dass einer unserer Freunde sich damals in New York einen Personal Shopper genommen hatte. Eigentlich ist er kein Typ, der gern einkaufen geht. Und auch wenn er gern Sachen ausprobiert, weiß er meist nicht so richtig, wie er was miteinander kombinieren kann. Nach ein paar Stunden kam dieser Freund total glücklich und entspannt wieder und meinte, das sei das beste Einkaufserlebnis gewesen, das er jemals hatte. Sein Personal Shopper Valery hat ihn einfach an die Hand genommen, ihm die Dinge rausgelegt, die sie für ihn als passend empfunden hat. Sie hat auf den Fit geachtet, hat ihm eine ehrliche Meinung gegeben, und sie hatte nicht diesen Verkäuferdruck, sondern ein ganz ehrliches Interesse daran, dass er gut aussieht. Und das sind auch die Prinzipien, nach denen die Stylisten von Outfittery hier arbeiten.

In Eurem Sortiment habt Ihr hundert Marken. Im Internet habe ich eine größere Auswahl und erhalte je nach Online-Shop ebenfalls Empfehlungen für ein Gesamtoutfit. Welchen Mehrwert gebt Ihr dem Kunden darüber hinaus?

ANNA ALEX: Wir verbinden das neue Outfit mit einem sehr angenehmen Kauferlebnis. Jeder Outfittery Kunde wird persönlich beraten und erhält eine eigene Stylistin, zu der er immer wieder zurückkommen kann. In dem Maße ist das für den Kunden sehr viel persönlicher als ein Online-Shop. Und durch diesen persönlichen Service schaffen wir eine absolute Relevanz für den Kunden. Das, was wir ihm vorschlagen, passt persönlich zu ihm, passt zu seinem bisherigen Stil, passt zu seinem bisherigen Kleiderschrank. Er muss sich bei uns nicht durch Kataloge aus dreihundert schwarzen Pullovern klicken, um sich daraus am Ende den richtigen auszuwählen, sondern überlässt das tatsächlich alles seiner Stylistin und spart dadurch Zeit und Nerven.

Also kombiniert Ihr das, was der Einzelhandel bietet – die persönliche Beratung – mit dem Online-Handel?

ANNA ALEX: Genau. Wir sehen Outfittery als diejenigen, die die Brücke schlagen zwischen Offline und Online, und als diejenigen, die das Beste aus beiden Welten miteinander kombinieren. Wenn man auf der Straße nach der Servicequalität im Einzelhandel heutzutage fragt, fällt das Urteil der Kunden eher schlecht aus. Guter Service, das war mal. Wenn ich heutzutage in den Einzelhandel-Herrenausstatter gehe, dann werde ich weder freundlich begrüßt noch werde ich persönlich umfassend beraten. Service ist aber nach wie vor ein sehr wichtiges Element, das von Kunden nach wie vor gewünscht wird. Und diesen Service verbinden wir mit den neuesten Technologien, mit dem Internet, mit Mobile. Wir bieten zum Beispiel eine App an, über die der Kunde Bilder hochladen und mit seiner Stylistin teilen kann.

JULIA BÖSCH: Außerdem wollen Kunden heutzutage einfach nicht mehr an heißen Tagen in stickige Kaufhäuser gehen müssen, sondern die Sachen lieber ganz in Ruhe nach Feierabend zuhause anprobieren.

Service ist ein Zeitfaktor. Zeit bedeutet Geld. Ihr wiederum bietet den Service kostenlos an und die Kleidung ist nicht teurer als im Laden. Wie kommt Ihr da an Eure Marge und wie hoch ist die?

JULIA BÖSCH: Unser Geschäftsmodell ist eigentlich ein recht klassisches. Wir kooperieren direkt mit den Marken, kaufen zum Einkaufspreis ein und verkaufen zum Verkaufspreis. Unsere Preise entsprechen eins zu eins den Preisen, die man auch im Laden bekommt. Und unsere Marge liegt wie im Einzelhandel generell bei 50 Prozent. Was wir nicht haben, sind teure Ladenmieten. Alles, was wir uns dort sparen, können wir in den Service investieren und tun das auch.

Wie viel Umsatz macht Ihr pro Jahr?

JULIA BÖSCH: Darüber reden wir leider nicht.

Laut dem Branchen-Blog Exciting Commerce habt Ihr im September und Oktober 2014 je um die zwei Millionen Euro Umsatz gemacht, was auf zwölf Monate gerechnet 25 Millionen Euro entsprechen würde.

ANNA ALEX: Das war keine Zahl, die von uns herausgegeben worden war und insofern kann ich das leider nicht kommentieren.

Aber Ihr bewegt Euch im mehrstelligen Millionenbereich?

ANNA ALEX: Ja. Mehr kann ich aber nicht verraten.

Eure Kundenzahlen dagegen macht Ihr öffentlich. Im vergangenen Jahr hat sich Euer Kundenstamm von 100.000 auf 200.000 verdoppelt. Es scheint also zu laufen.

JULIA BÖSCH: Das stimmt. Wir sind besonders stolz darauf, dass sehr viele über Empfehlungen von bestehenden Kunden kommen. Teilweise kaufen drei Generationen einer Familie bei Outfittery ein. Diese Kundenzufriedenheit ermöglicht uns, neben allen unseren Werbemaßnahmen, auch solches Wachstum.

Schaut man sich in der Startup-Szene um, hat man das Gefühl, für jeden Lebensbereich gibt es inzwischen Boxen, von Kochboxen über Kosmetik-Abonnements bis hin zu Boxen für junge Mütter und Kinder. Läuft der Markt des kuratierten Shoppings nicht Gefahr, dass die Kunden dem Angebot überdrüssig werden?

ANNA ALEX: Das muss man die Kunden fragen, aber im Bekleidungsbereich sehen wir, dass das nicht so ist. Es gibt sicherlich Lebensbereiche, bei denen ich mehr Spaß daran habe, die Dinge selbst auszuwählen. Aber in anderen Bereichen lasse ich das gern jemanden für mich machen.

Vor Kurzem ist der schwedische Investor Northzone bei Euch eingestiegen. Nach welchen Kriterien sucht Ihr Eure Investoren aus?

JULIA BÖSCH: Man arbeitet sehr eng mit seinen Investoren zusammen, da ist es wichtig, dass man sich gut versteht. Dann kommt es darauf an, was sie uns darüber hinaus bieten können. Im Falle von Northzone ist das ein internationales Netzwerk, das uns gerade bei unserer Skandinavien-Expansion unterstützen kann. Und wir werden definitiv noch weiter expandieren.

Dirk Graber von Mister Spex hatte in unserer April-Ausgabe darüber gesprochen, dass es in Europa schwierig sei, an Finanzierungen über fünf Millionen Euro zu kommen. Teilt Ihr diesen Eindruck?

ANNA ALEX: Wie man sieht, haben wir auf der Investmentseite keine Probleme.

Was macht Euch für Investoren so interessant, gerade für den jüngsten Investor, der bei Euch eingetreten ist?

ANNA ALEX: Northzone hat zum einen in das Team investiert, das wir hier aufgebaut haben. Wir haben ein extrem gutes Managementteam und ein Stylistenteam, das komplett hinter der Sache steht und für den Service lebt. Und zum zweiten haben sie in diese großartige Markt-Opportunity investiert. Die Textilbranche ist ein riesiger und weiterhin wachsender Markt, und wir treffen mit unserem Modell genau den richtigen Nerv in der Evolution des Shoppens und des Handels.

Northzone ist eher dafür bekannt, in disruptive Geschäftsmodelle zu investieren. Was genau ist an Euerm Geschäftsmodell disruptiv und für wen?

JULIA BÖSCH: Disruptiv ist, dass wir den Handel komplett neu und anders denken, indem wir für den Kunden die persönliche Beratung mit einer wirklichen Relevanz der Artikel kombinieren. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass wir international und auch von den Marken sehr viel Aufmerksamkeit bekommen. Die Branche spürt, dass wir sehr viele Vorteile der vergangenen Handelsepisoden in unserem Modell vereinen. Das geht so weit, dass wir jetzt sogar kopiert werden, was uns sehr schmeichelt.

Du spielst auf Zalando an?

JULIA BÖSCH: Genau. Das ist natürlich eine tolle Bestätigung für uns.

Macht Euch diese Konkurrenz Sorgen? Zalando hat europaweit einen riesigen Kundenstamm, ist bereits eine etablierte Marke und kann den Kunden eine Auswahl aus 1.500 Marken anbieten.

ANNA ALEX: Unseren Kunden geht es vor allem um den Service und nicht um die große Sortimentsbreite. Durch unseren Service-Fokus haben wir Zugang zu einer Kundengruppe, die sich von klassischen Online-Shops nicht angesprochen fühlt. Über 50 Prozent unserer Kunden haben zuvor noch nie Kleidung online gekauft.

Was macht Eure Zielgruppe denn aus?

JULIA BÖSCH: Die Zielgruppe von Outfittery sind Männer über dreißig und steht fest im Berufsleben. Und wir glauben ganz stark daran, dass es nicht um die Quantität geht, sondern um die Qualität. Wir arbeiten mit den für unsere Zielgruppe relevanten, besten europäischen Marken zusammen, zum Beispiel mit Hugo Boss, Ben Sherman und Tiger of Sweden, und konzentrieren uns lieber darauf, dass unsere Stylisten wirklich jeden einzelnen Artikel kennen, die sie den Kunden rausschicken.

ANNA ALEX: Wir schulen unser Stylistenteam einmal pro Woche mit den neuen Artikeln. Dadurch weiß eine Stylistin bei Outfittery wirklich von jedem einzelnen Artikel, wie die Ärmel ausfallen, um den Kunden am Ende auch individuell und sehr gut beraten zu können, statt dem Kunden Masse rauszuhauen.

Könnt Ihr Euch vorstellen, Euer Modell künftig auch auf Frauen und Kinder auszuweiten?

JULIA BÖSCH: Prinzipiell können wir uns das alles irgendwann mal vorstellen.

Ihr habt jetzt gerade Euren zweiten TV-Spot veröffentlicht. Zahlt es sich aus, in TV-Werbung zu investieren?

ANNA ALEX: Ich kann jetzt nicht pauschal sagen, dass das für jedes Startup der tollste Kanal ist. TV-Werbung kostet natürlich auch. Für Outfittery ist es bisher so erfolgreich, dass wir jetzt einen neuen Spot gemacht haben und den auch ausstrahlen.

Das Bild vom shoppingfaulen beziehungsweise überforderten Mann im Kaufhaus, das Ihr in Euren TV-Spots zeichnet, bedient aber auch ein leicht antiquiertes Klischee. Es gibt schließlich auch Männer, die gern einkaufen gehen.

ANNA ALEX: Durchaus. Aber einige Kunden haben einfach nicht die Zeit oder auch keine Lust. Andere Kunden wiederum melden sich bei uns, um über uns neue Styles zu entdecken. Viele Kunden sagen zu uns, dass sie am Ende auch Produkte behalten, die sie im Laden nicht anprobiert hätten. Wenn der Kunde eigentlich gern einkaufen geht, tendiert er – das ist einfach menschlich – dazu, stets das Gleiche zu kaufen. Und von daher kann ein frischer Wind und Blick einer Stylistin doch einige Wunder bewirken.

Würdet Ihr auf der Straße Eure Kunden am Kleiderstil erkennen?

JULIA BÖSCH: Es gibt jetzt nicht diesen einen Outfittery-Stil. Das wäre ja auch schrecklich. Dann würden ja alle nur in Uniformen herumlaufen. Aber man erkennt schon, wenn ein Mann ein neues Outfit trägt, das ihm auch noch sehr gut passt, nicht nur am Outfit selbst, sondern auch an seinem Auftreten. Wenn wir abends auf Partys gehen, passiert es aber durchaus, dass uns ein Mann auf die Schulter tippt und fragt: Na, wie sehe ich aus? Und dann wissen wir auch direkt, dass er eines von unseren Outfits trägt.

Wie oft bestellt ein Stammkunde bei Euch und was kostet im Schnitt ein Outfittery-Outfit?

ANNA ALEX: Genaue Zahlen können wir auch hier nicht herausgeben. Ich kann aber sagen, dass wir einen sehr hohen Anteil sehr treuer Kunden haben, die regelmäßig wieder zu Outfittery kommen. Männer bestellen außerdem häufig vor allem dann, wenn sich die Temperatur ändert. Das Paket kann 500 Euro wert sein, es kann aber auch über 1.000 Euro kosten. Das liegt ganz im Ermessen der Stylistin und hängt von den Angaben des Kunden ab. Im Schnitt behält der Kunde pro Paket einen Warenwert von um die 250 Euro.

Jetzt seid Ihr inzwischen in acht Ländern. Was für Unterschiede merkt Ihr?

JULIA BÖSCH: Definitiv gibt es Unterschiede zwischen den Ländern, sowohl in den Markenpräferenzen als auch in den Styles und in den Passformen. Die Leute in Skandinavien sind größer und häufig schlanker, dadurch brauchen sie andere Passformen als wir Deutschen. Hinzu kommen städtisch spezifische Unterschiede. Berlin kleidet sich ganz anders als München oder Hamburg. Und es gibt unterschiedliche Trends. Im vergangenen Jahr waren in der Schweiz Arm-Patches total angesagt, jedes Sakko brauchte Arm-Patches, wohingegen in Deutschland das eigentlich keiner haben wollte.

Europa ist im Gegensatz zu den USA ein heterogener Markt. Wie schwierig ist es, Euer Geschäft international zu skalieren?

ANNA ALEX: Ich glaube, wir Deutschen können generell gut expandieren. Es gibt einige erfolgreiche deutsche Unternehmen, die früh und sehr solide expandiert haben. Im Vergleich zu einem Amerikaner, der im Valley startet und dann schwuppsdiwupps die ganzen USA bedient, gibt es in Europa natürlich Hürden, die man nehmen muss. Das sind ganz weltliche Hürden wie die Sprache, die Website muss in mehreren Sprachen aufgesetzt werden. Es gibt unterschiedliche Währungen. Man braucht für die verschiedenen Länder verschiedene Transportdienstleister und so weiter.

Habt Ihr Eure Teams jeweils in den Ländern sitzen oder steuert Ihr Eure Geschäfte von der Zentrale aus?

JULIA BÖSCH: Wir steuern das alles hier von Berlin aus und holen uns die Leute aus den Ländern hierher.

Welche weiteren Pläne habt Ihr neben der Expansion?

JULIA BÖSCH: Wir haben im vergangenen Jahr mit Studierenden aus München einen Körperscanner entwickelt, mit dem wir die Maße innerhalb von zehn Sekunden erfassen können. Diesen Scanner hatten wir bei der Deutschen Bank in der Friedrichstraße stehen, in München und in den Niederlanden bei einer Eröffnung eines Einkaufscenters. Jetzt bereiten wir gerade weitere Reisen vor.

Wollt Ihr den Körperscanner auch stationär fest installieren?

JULIA BÖSCH: Das wäre durchaus eine Möglichkeit. Ganz genau festgelegt sind wir noch nicht. Letztendlich ist das Gute daran, dass er mobil ist. Während man mit einem Store nicht einfach durch die Gegend fahren kann, ist das mit einem Scanner möglich. Wir lassen uns ungern festnageln, auch damit nicht.

Euer Konkurrent Modomoto bietet seinen Kunden zusätzlich einen Fitting Room zum Anprobieren an. Warum macht Ihr das nicht?

ANNA ALEX: Einen Fitting Room wollen wir nicht. Wenn man das macht, dann muss man das richtig machen, sonst ist es nicht erfolgreich. Wir hatten im vergangenen Jahr einen Pop-up Store am Flughafen in Hamburg. Davon können wir uns vorstellen, weitere zu machen.

Was unterscheidet Euch noch von Modomoto?

ANNA ALEX: Wir haben ein sehr viel höheres Service-Verständnis als Modomoto. Laut Kunden sendet Modomoto häufig Boxen, ohne wirklich auf den Kunden eingegangen zu sein. Wir sind außerdem größer.

Größer inwiefern? Modomoto ist zwar in weniger Ländern vertreten, die kommunizierte Kundenzahl entspricht aber ebenfalls 200.000.

ANNA ALEX: Das will ich lieber nicht kommentieren. Da kann man nicht alles glauben, was da so rausgegeben wird.

Wenn Ihr auf die vergangenen drei Jahre seit Gründung zurückschaut, was waren Eure Highlights?

ANNA ALEX: Da gab es eine ganze Reihe. Wir haben ein tolles Team hier aufgebaut und haben auch mit den Kunden zusammen tolle Ideen umgesetzt. Ein Beispiel ist unser Outfittery-Bier: In unserer Anleitung zur Box, die wir dem Kunden mitschicken, steht unter Punkt eins: Nehmen Sie sich ein kühles Bier und probieren Sie Ihre Outfits in Ruhe an. Daraufhin kam von Kunden der Wunsch: Ich hatte gerade kein Bier da, legt mir doch mal eins rein. Und so verstehen wir uns auch. Wir entwickeln unseren Service sehr nah am Kunden und orientieren uns viel mehr an ihm als an der Konkurrenz. Die Konkurrenz hat man irgendwann überholt, dann gibt es keinen mehr, der einen antreibt. Aber solange man sich am Kunden orientiert, gibt es immer noch Wünsche und Entwicklungsmöglichkeiten, wie wir ihn noch besser bedienen können.

Und welche Pannen und Learnings hattet Ihr?

JULIA BÖSCH: Wir hatten mal eine Palette, die auf dem Weg nach Österreich in einen so wahnsinnigen Regensturm kam, dass die Pakete komplett aufgeweicht ankamen. Das war schon ziemlich peinlich. Eine Fehleinschätzung war auch die Gesprächszeit der Stylisten mit den Kunden. Anfangs dachten wir, dass kein Mann länger als fünf Minuten über Mode sprechen möchte und haben unseren Stylisten ein Zeitlimit für die Telefonate gegeben. Nachdem wir dann die ersten Kundenstimmen hatten, hieß es: Das Gespräch war ja ganz nett, aber die Stylistin war sehr gehetzt am Telefon. Warum hatte sie denn so wenig Zeit für mich? Daraus haben wir gelernt.

ANNA ALEX: Generell haben wir über die letzten Jahre sehr viel über die menschliche Psyche erfahren. Dass Männer sich anders als Frauen nicht auf den Frühling oder Winter vorbereiten, also auch nicht vorausschauend kaufen. Wenn es dann warm wird, muss aber bitte sofort die Sommerhose da sein. Und Männer denken auch definitiv nicht in Saisons. Und das ist auch okay. Man muss ihnen nicht zu viel aufzwingen.

Ihr orientiert Euch optisch und inhaltlich sehr stark an Trunk Club aus den USA, die 2014 von Nordstrom gekauft wurden. Kommt für Euch auch ein Exit in Frage?

JULIA BÖSCH: Ein Exit könnte irgendwann eine Option sein, aber es ist nichts, woran wir im Moment denken. Wir haben noch diesen riesigen Markt vor uns und tolle Investoren, die uns bei der Eroberung unterstützen. Hinzu kommt unser tolles Team. Es gibt keinen Ort auf der Welt, wo ich lieber wäre als hier.

Das Gespräch führte Marisa Strobel.