Dawanda-Gründerin Claudia Helming: „Uns kann man nicht kopieren“

06/01/2017
header image

Frau Helming, auf Dawanda verkaufen hunderttausende Hersteller Ihre Handmade-Produkte. Wie steht es um Ihr handwerkliches Geschick?

Claudia Helming: Die Leidenschaft für Handmade ist da, das Talent, es selber herzustellen, leider nicht. Bevor wir Dawanda ins Leben gerufen haben, haben wir genau das versucht – und sind damit grandios gescheitert. Aber ab diesem Zeitpunkt war die Idee da: Es gibt doch bestimmt viele Menschen, die genauso wenig kreatives handwerkliches Talent haben wie wir – und trotzdem gerne kreative Sachen zu Hause hätten. Die Gründung kam dann vor fast genau zehn Jahren.

Sehen Sie sich rückblickend in Ihrer Annahme bestätigt?

Claudia Helming: Auf jeden Fall! Wir haben damals ganz klein begonnen – zwei Mann in meinem Wohnzimmer, etwa hundert Verkäufer beim Launch der Seite. Mittlerweile haben wir fast 400.000 Anbieter und rund sieben Millionen Produkte und auch Kunden. Das ist jetzt nicht wenig. Aber unser Ziel ist es, Handmade als echte Alternative zum industriellen Konsum zu etablieren – und da gibt es noch Einiges zu tun.

Was muss dafür noch passieren?

Claudia Helming: Wir müssen es schaffen, dass die Leute sich fragen: ‚Woher kommt eigentlich das Möbelstück oder die Deko, die ich für meine Wohnung kaufe? Wer stellt die Sachen für meine Kinder her?‘ Auch wenn wir insgesamt noch von einem kleinen Prozentsatz der Bevölkerung reden: Ich glaube, wir sind schon soweit, dass zunehmend Wert darauf gelegt wird, dass ökologisch und sozial fair produziert wird.

„DIE EIGENE EINRICHTUNG STEHT HEUTE MEHR DENN JE FÜR EINEN LIFESTYLE“

Ein Trend, der auch den Großen nicht entgangen ist. Seit diesem Jahr können Kunsthandwerker in Deutschland auch auf einem Marktplatz von Amazon verkaufen.

Claudia Helming: Als klar war, dass wir solche Konkurrenz bekommen, musste ich schon erst mal schlucken. Allerdings hat sich die Aufregung mittlerweile gelegt. Schon ein Jahr vor dem europäischen Start ist das Programm in den USA gestartet, und wie ich es bisher beobachtet habe, ist da nicht die Hölle los. Dafür gibt es auch Gründe: Amazon ist sehr käuferorientiert und sicher das Maß aller Dinge, wenn es um Onlinehandel-Service geht, aber das Label Handmade nimmt man dem Konzern einfach nicht ab.

Was machen Sie besser als Amazon?

Claudia Helming: Dawanda ist viel näher am Verkäufer dran, als Amazon es sein kann. Wir haben ganze Abteilungen, die sich nur mit deren Bedürfnissen beschäftigen. Wir erklären ihnen: Wie mache ich mich selbstständig? Was muss ich rechtlich dabei beachten? Und wie vermarkte ich mich, wie mache ich aus meiner Kreativität ein Business? Wir geben Hilfestellung, halten sogar Workshops zu diesen Themen. Wir haben in den vergangenen zehn Jahren viel aufgebaut und viele Erfahrungen im Handel mit handgemachten Produkten erworben. Das lässt sich nicht von null auf hundert kopieren.

Wird der Trend des individuellen, bewussten Einrichtens anhalten?

Claudia Helming: Das wird sich verstärken. Besonders in der Customization, der Möglichkeit der Anpassung an die Wünsche des Kunden, liegt viel Potenzial. Darin sehe ich auch einen unserer Vorteile: Da unsere Produkte handgemacht sind, sind sie auch individualisierbar. Die ei-gene Einrichtung steht heute mehr denn je für einen Lifestyle.