Punk meets Tech

Zehn Anekdoten aus dem Berlin Valley

31/07/2015
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1. Kreativitäts-Hub Berlin

Für SoundCloud-Gründer Eric Wahlforss ist Berlin nach wie vor ein attraktiver Standort: „Wir nutzen manchmal gern den Ausdruck ‚Punk meets Tech‘, um die Art des ‚Den-eigenen-Weg-Gehens‘ zu beschreiben, der hier heute immer noch anzutreffen ist. Das ist ein großer Teil dessen, was Berlin von anderen Startup-Orten unterscheidet, nämlich ein zentralisierter Kreativitäts-Hub, wo Technologie auf Kunst trifft. Zudem ist es hier trotz einer hohen Lebensqualität weiterhin deutlich günstiger als in anderen europäischen Hauptstädten, was das Anwerben von Talenten einfacher macht.“

2. Finanziert durch die Crowd

Die Berliner Macher der Ballkamera namens Panono brachen den deutschen Crowdfunding-Rekord auf der US-Plattform Indiegogo und sammelten mehr als 1,25 Millionen Dollar ein. Gründer Jonas Pfeil sagt über die Kampagne: „Man muss seine potenziellen Kunden schon auf die eigene Crowdfunding-Seite bugsieren und versuchen, in den Medien präsent zu sein. Das kreiert den nötigen Buzz.“ Pfeil weiß aber auch: „Für ein Startup ist die Zeit nach einer Finanzierung auch immer die Zeit vor der Finanzierung.“

3. Aus eigener Tasche

Der Gründer des Herrenschuh-Anbieters Shoepassion, Tim Keding, verzichtete bewusst darauf, sich einen Investor ins Boot zu holen: „Mein Partner und ich haben anfangs viel eigenes Geld in unsere Idee gesteckt und natürlich auch die drei Fs angezapft: Friends, Family and Fools. Die wollen zwar ihr Geld auch wieder, aber nicht gleich Anteile am Unternehmen. Ich wollte mir nie reinreden lassen und nur meine Idealvorstellung verwirklichen. Und das geht nur, wenn man 100 Prozent seiner Firma hält. Wenn du Anteile abgibst, dann musst du dir für Ausgaben ab 50.000 Euro das Einverständnis der Investoren holen und jede Entscheidung vor denen rechtfertigen.“

4. Prominente Investoren

ResearchGate ist eines der bekanntesten sozialen Netzwerke Berlins mit sieben Millionen Mitgliedern. Es richtet sich an Akademiker, die darüber beispielsweise Fachartikel hochladen, sich austauschen und Partner suchen. An dem Startup sind mehrere US-Investoren beteiligt, darunter Microsoft-Mitgründer Bill Gates und der deutschstämmige PayPal-Mitgründer Peter Thiel. „Bill Gates’ Investment in ResearchGate hat sicherlich für viel Aufsehen gesorgt“, sagt ResearchGate-Chef Ijad Madisch. „Viel wichtiger ist aber das Know-how, das er und sein Team mitbringen und mit dem sie uns in der Wissenschaftswelt weiterhelfen können.“

5. Immer mit Plan B

Zalando ging im Oktober 2014 an die Börse. Der Online-Modehändler dient vielen als Vorbild bei der Suche nach Kapitalgebern. Schließlich mangelte es dem Berliner Startup kaum jemals am nötigen Geld zum Wachsen. Mitgründer Robert Gentz hält es für sinnvoll, immer auch einen Plan B in der Hinterhand zu haben: „Wir haben ganz schlank angefangen und immer verschiedene Strategien gehabt. Selbst wenn wir die einzelnen Finanzierungsrunden nicht bekommen hätten, hätten wir profitabel arbeiten können. Dann hätten wir eben ein anderes Zukunftsszenario umgesetzt.“

6. Staatlich fördern lassen

Ruth Cremer, die mit ihrer Firma Euworx Startups unter anderem das Schreiben der Anträge für öffentliche Fördergelder abnimmt, gibt Tipps für den Dschungel aus staatlichen Förderprogrammen: „Die Wahrscheinlichkeit, ausgewählt zu werden, ist bei kleinen Programmen oft etwas größer. Es lohnt sich zu schauen, ob es eine spezifische Förderung gibt, die zu dem passt, was man macht. Solche Programme gibt es beispielsweise in den Bereichen IT-Sicherheit oder Öko-Effizienz.“

7. Ab an die Börse?

Alexander Zacke, der Chef der Berliner Auktionsplattform Auctionata, sieht einen Börsengang noch in weiter Ferne: „Bei jedem VC-finanzierten Unternehmen ist klar, dass die Investoren irgendwann eine Rendite haben möchten. Als Exitkanal ist ein Börsengang für uns definitiv eine Option. Sollte es für die Kapitalisierung notwendig sein, dann werden wir diese Option auch nutzen. Allerdings sind solche Überlegungen in den nächsten 24 Monaten für uns nicht relevant, da wir unsere mit den Investoren abgestimmten Wachstums- und Internationalisierungsziele umsetzen werden.“

8. Mit einem Quäntchen Glück

An dem Berliner Online-Brillenanbieter Mister Spex ist unter anderem die US-Investmentbank Goldman Sachs beteiligt. Gründer Dirk Graber führt dies nicht nur auf den Erfolg des Geschäftsmodells und die Zielstrebigkeit zurück: „Bei jeder Finanzierungsrunde benötigt man auch ein Quäntchen Glück, damit sie zustande kommt.“

SoundCloud-Mitgründer Eric Wahlforss sieht aber auch Vorteile in den Finanzierungsrunden: „Das Bemühen um Finanzierungsgelder ist ein Unterfangen, das einem immer wieder von Neuem die Augen öffnen kann. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass es einen zwingt, sich ein paar ernsthafte Fragen über das eigene Geschäftsmodell zu stellen und ehrlich einzuschätzen, wie weit man meint, damit zu kommen.“

9. Deutsche Börse oder Wall Street?

Delivery Hero gilt derzeit als einer der wahrscheinlichsten Börsenkandidaten aus Berlin. Chef ist der Schwede Niklas Östberg, der sich bei diesem Schritt aber nicht drängen lassen möchte. „Früher oder später müssen wir es tun“, weiß Östberg. Letztlich hänge alles davon ab, ob und wann man frisches Kapital benötige. „Wir stehen kurz davor, profitabel zu werden. Zudem sind für unser Geschäftsmodell keine großen Investitionen in Fabriken oder Ähnliches nötig.“ Für den Gang aufs Parkett schaut Östberg auch eher über den Teich: „Aus heutiger Sicht würden wir die Wall Street für einen IPO von Delivery Hero bevorzugen.“

10. Zur Transparenz verpflichtet

Urbanara, der Heimtextilien- und Wohnaccessoires-Händler, war als erster auf der Crowdinvesting-Plattform Bergfürst gelistet. Damit erhöhten sich für das Startup unter anderem die Verpflichtungen bezüglich der Transparenz. Geschäftsführer Benjamin Esser erinnert sich: „Man muss sein Unternehmen ganz anders organisieren und viele Stunden am Schreibtisch verbringen: Der Aufwand und der Professionalisierungsgrad hinsichtlich des Reportings und der Governance-Pflichten, die wir jetzt haben, sind natürlich nicht zu unterschätzen. Diese neuen Pflichten sind aber auch gar nicht so schlecht: Wir sind erwachsener geworden.“

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