„Berlin könnte die Stadt werden, die für Startups bekannt ist“

06/01/2017
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Adeo, wie lange gibt es das Founders Institute schon in Berlin?

Berlin ist einer unserer ältesten Standorte in Europa. Wir sind schon seit 2010 hier.

Du beobachtest das Ökosystem dann ja schon eine ganze Weile. Wie hat es sich verändert?

Vor sechs Jahren war es hier schrecklich. Deutschland war nur dafür bekannt, US-Firmen zu klonen. Die Samwer-Brüder haben beispielsweise einen guten Teil dazu beigetragen. Aber auch die Investment-Landschaft war so ausgerichtet. Deutsche Angels oder VCs hätten damals nie in ein nicht getestetes Geschäftsmodell investiert. Getestet heißt in dem Fall schon in den USA ausprobiert. Und so wurden die Gründer in diesen Bereich getrieben und kamen auch nur noch mit solchen Ideen zu den Investoren.

Und wie ist das heute?

Das Ökosystem hat sich stark verändert. Berlin ist noch immer günstig und multikulturell. Aber viele Tech-Entrepreneure, die hier erfolgreich waren, sind jetzt Investoren und finanzieren neue Ideen. Auch die Investmentsumme ist seit 2010 extrem gewachsen.

Warum konnte Berlin sich so verändern?

Dass Berlin ein erfolgreiches Startup-Ökosystem ist, hängt von drei Faktoren ab. Erstens haben viele gute Gründer-Programme hier Fuß gefasst. Zweitens sind erfolgreiche Berliner Gründer selbst Investoren geworden und drittens hat Berlin die attraktivste Kostenstruktur in ganz Westeuropa. In Startups gibt es nie genug Zeit oder Geld und in Berlin braucht es deutlich weniger Ressourcen, um seine Ziele zu erreichen. Deswegen kommen viele Gründer hierher.

Innerhalb Europas konkurriert Berlin stark mit London. Wie wirkt sich der Brexit auf Berlin aus?

Für mich ist klar, dass Berlin damit zur Nummer eins in Europa wird. Viele Investoren werden sich von London nach Berlin umorientieren.

Es ist noch immer möglich, dass sich strukturell kaum etwas verändert, wenn Großbritannien und die EU entsprechende Verträge schließen.

Selbst wenn es keine strukturellen Veränderungen geben wird, ist die Situation jetzt sehr unsicher. Das ist das Problem. Sowohl Gründer als auch Investoren sind jeden Tag mit Risiken und Unsicherheit konfrontiert. Warum sollten sie das noch erhöhen, indem sie sich in ein Umfeld begeben, in dem die Unsicherheit steigt? Die Investitionen in London sind bereits gesunken und das wird sich innerhalb Europas nach Berlin verschieben. Wenn Großbritannien Verträge mit der EU schließt, ist das gut. Aber das ist noch Monate und Jahre entfernt. In diesem Zeitraum wird sich viel verändern. Ich treffe jedes Jahr viele Gründer und immer erzählen sie, dass sie nach Europa wollen, vielleicht nach London, vielleicht nach Berlin. 2016 hat niemand mehr London erwähnt.

Europa wird immer hinter den USA und Asien gesehen, wenn es um Startups geht. Hat Europa Potenzial auf das selbe Level zu kommen?

Man kann das nicht generalisieren. Das Founders Institute ist in 150 Städten aktiv. Davon sind 25 in Europa. Aber wenn ich die Startup-Städte ranken müsste, stünden Europa und Berlin recht weit oben. In meiner Liste der besten Städte, um zu gründen, stünden das Silicon Valley, Beijing, New York, London, Berlin und Singapur ganz oben.

Wird das so bleiben?

Sicher nicht. Chicago wächst beispielsweise stark, Asien wird immer wichtiger, einige indische Städte sind stark im Kommen. Heute ist Berlin oben mit dabei, aber wenn ich fünf Jahre in die Zukunft schaue, werden andere Städte Berlin überholt haben.

Was kann Berlin tun, um oben zu bleiben?

Berlin hat keine andere Industrie und ist für nichts bekannt, wie beispielsweise New York für Finanzen. Berlin könnte die Stadt werden, die für Startups bekannt ist. Diese Reputation würde mehr Gründer und mehr Kapital anziehen.